Berichte von 06/2020

24Juni
2020

3 Monate danach ¯\_(ツ)_/¯

Heute gibt's mal keinen ellenlangen Eintrag über wissenswertes zu einem bestimmten Thema. Man hat auch nicht jede Woche gleich Lust, sagen wir's mal so. Stattdessen will ich nur kurz ein kleines Update geben.

Es sind nun fast 3 Monate vergangen seitdem ich wieder in Deutschland bin. Das heißt ich bin nun schon länger wieder hier als die gesamte Zeit die ich in Reno verbracht habe. Schon verrückt. Und naja, leider ist auch nicht wirklich viel spannendes passiert, das ist vermutlich das nervigste von allem. Auch Corona ist ja noch nicht gebannt, auch wenn das viele gerne glauben würden. Aber selbst ich traue mich nächste Woche das erste Mal wieder so richtig raus. Ich werde nämlich für ein paar Tage verreisen. Natürlich innerhalb der sicheren Gebiete innerhalb Europas und stets unter Berücksichtigung aller Sicherheits- und Hygienemaßnahmen. Dann sollte das schon klappen - ist dann ja auch nicht anders als wenn man sich innerhalb Deutschlands bewegt. Es zieht einen dann eben doch wieder raus. Irgendwas muss man ja auch machen, bei schönem Wetter immer nur zuhause rumzusitzen oder sich in der Gegend zu bewegen ist auch irgendwann langweilig. Mal sehen, hoffen wir, dass dieser Sommer eine Ausnahme bleiben wird!

Aber auch hinsichtlich meines Auslandsaufenthaltes gab es noch einige Entwicklungen. So durfte ich das "Testimonial" für eine Online-Infoveranstaltung des Akademischen Auslandsamtes der TU Dresden sein. Das heißt, ich durfte von meinen Erfahrungen in den USA erzählen und den Studenten wertvolle Tipps geben und ihre Fragen beantworten. Bevor ich mich damals für das Programm beworben habe, hatte ich auch an einer solchen Infoveranstaltung teilgenommen und dort hat ein Student von seinen Erfahrungen in Kanada berichtet. Das fand ich damals schon beeindruckend. Also ich hoffe, dass auch ich nun diese Inspiration für einige Studenten sein konnte! Natürlich hätte ich es lieber wie damals in einem Hörsaal mit direktem Kontakt zu den Leuten gemacht, aber sich darüber zu beklagen wäre sowas von März 2020. In der gleichen Woche (ich denke sogar am gleichen Tag) lud das OISS dann noch spontan wieder zu einem Videochat ein, ähnlich den Student Success Pizzas während des Semesters. Ich freute mich, alle Mitarbeiter wieder zu sehen und von ihren Erfahrungen zu hören. Da auch diesmal wieder Hillary und Jeremy vom Counseling Service dabei waren, wurde auch viel über ernste Themen geredet. Es waren andere Studenten und Wissenschaftler dabei, die sich besorgt über die Krawalle durch gewalttätige Protestierende, über unzureichende Finanzmittel wegen Corona und über Benachteiligung internationaler Studierender äußerten. Ich hätte nicht vermutet, dass die Situation vielen Leuten in den USA wirklich so zusetzt, auch wenn sie nichts direkt mit den Protesten oder Corona zu tun haben. Aber da habe dann auch ich lieber zugehört und dazugelernt.

Tja, wie es im Fall Semester an der UNR weitergeht, weiß aktuell keiner so genau. Die Corona-Fallzahlen gehen vor allem in Nevada gerade wieder hoch und alle paar Wochen gibt es verschiedene Ankündigungen oder Vorschläge. Mit meinen Freunden aus Reno habe ich auch immer mal wieder per Videochat gesprochen. Daniel hat erzählt, dass alle Athleten vor dem Semesterstart 14 Tage in Quarantäne müssen, nicht nur die die von Übersee kommen und dass Ema (die am Montag Geburtstag hatte) erreichen will, dass sie erst Ende August wieder nach Reno fliegen darf, damit sie vorher an einem Meeting in Italien teilnehmen kann. Auch für die anderen geht es teilweise heiß her. Joaquin ist in Chile immer noch im totalen Lockdown und muss sich jedes Mal bei der Regierung melden, wenn er einkaufen gehen will. Jiwon und Peter sind gerade mitten in der Prüfungsphase in Südkorea und gerade für Peter wird es Ende Juli spannend. Da beginnt nämlich sein (verpflichtender) Wehrdienst bei der Marine. Bis März 2022 wird das dann gehen. Diana ist derweil wieder nach Dresden umgezogen und Reggy backt weiter jeden Tag und es scheint als würde ihr Geschäft gut laufen. Kiki darf nun auch wieder als "Raft-Guide" arbeiten und Aurora... von der hört man nichts mehr, obwohl sie ja eigentlich im September nach Deutschland kommen sollte. Naja, ich bin gespannt, wie das mit allen von uns noch weitergeht. :D Bis dahin, stay cool, stay tuned and stay safe!

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Musikempfehlung des Tages: Pinguini Tattici Nucleari - Ringo Starr

17Juni
2020

Unisystem in den USA - Voraussetzungen & Ablauf

Willkommen zu Teil 3 meines Versuchs der Erläuterung des amerikanischen Unisystems. Vermutlich ist das der letzte Teil, aber wer weiß das schon so genau. Dieses Thema ist so vielseitig, dass man bestimmt noch 10 weitere Blogeinträge drüber verfassen könnte. Heute will ich auf die Zugangsvoraussetzungen und den allgemeinen Ablauf hinsichtlich Notengebung und Credits an US-Unis eingehen.

Um an einer bestimmten Uni studieren zu können ist zunächst ein vorhandenes High School Diploma vorzuweisen und die Endnote ist für viele Universitäten wichtig. Noten an High Schools aber auch an Unis werden als sogenanntes GPA (Grade Point Average) angegeben. In jedem Kurs sammelt man Punkte und es gibt ein Schema das festlegt, wie viele Punkte man braucht für ein A, für ein A-, für ein B+ usw. bis runter zum D. Schafft man die Anforderungen für ein D nicht, bekommt man ein F und der Kurs gilt als nicht bestanden. Bekommt man aber ein A hat man ein GPA von 4,0 (der höchste Wert). Kann man ein 4,0 GPA vorweisen, kommt man folglich schon mal überall besser rein. Grob kann man sagen, dass ein GPA höher als 3,25 als besonders gut bezeichnet werden kann. An Unis gibt es bei der Graduation ja noch Auszeichnungen wie "summa cum laude" etc. Die werden nur an die allerbesten Studenten vergeben. Um ein "summa cum laude" zu bekommen brauchte man an der UNR bzw. an den meisten Colleges ein GPA zwischen 3,94 und 4,0. Ich merke ich vermische hier einiges, da ich jetzt quasi vom Übertritt auf die Uni zum Abschluss an der Uni gesprungen bin. Aber wenn schon das Konzept GPA erklären, dann kann man auch gleich auf alles eingehen. Ich habe z.B. in meinem Semester an der UNR auch ein GPA von 4,0 erreicht. :)

Ein weiterer Faktor, den Unis heranziehen um ihre Bewerber zu selektieren sind standartisierte Leistungstests. Entweder ist das der SAT oder der ACT, den Schüler noch an der High School schreiben. Darin werden allgemeine Dinge wie Englisch, Mathe, Lesen, Schreiben, etc. geprüft. Sie haben aber auch oft eine fachliche Komponente, speziell zugeschnitten auf den Bereich in dem der Schüler studieren will. Anhand des SAT- oder ACT-Testergebnis sieben dann vor allem die guten Unis ihre Bewerber aus. Für Harvard braucht man z.B. mindestens einen SAT-Score von 1450 (von 1600 möglichen Punkten) oder einen ACT-Score von 33 (von 36 möglichen Punkten). Wenn man bedenkt, dass die Durchschnittsergebnisse der Tests in etwa bei 1060 (SAT) und 21 (ACT) liegen, ist das schon viel. Aber so wird eben ausgesiebt. Harvard hat insgesamt eh nur eine Akzeptanzrate von knapp unter 5%. Das heißt man muss schon wirklich was auf dem Kasten haben, denn nur 5% aller Bewerber werden angenommen. Die höchsten Anforderungen bei diesen Tests stellt übrigens das Caltech in Pasadena (wer kennt es nicht aus The Big Bang Theory?). Dort müssen Bewerber einen SAT-Score von 1530 und einen ACT-Score von 35 vorweisen. Zum Vergleich, an der UNR benötigt man entweder 1120 Punkte (SAT) oder 22 Punkte (ACT). Die Akzeptanzrate liegt an der UNR bei etwa 88%.

Hier ist aber zu erwähnen, dass "durchschnittliche" Unis wie die UNR schon in erster Linie auf das GPA schauen (das in der Regel etwa bei 3,0 liegen muss). Erst wenn man das nicht erfüllt, kommen SAT oder ACT ins Spiel. Und noch bei einer anderen Gruppe sind diese Tests wichtig: bei internationalen Studenten. Wenn jemand, der an keiner amerikanischen High School war in den USA studieren will, kann er ja kein direktes GPA vorweisen und muss daher einen der beiden Tests ablegen. Für mich als Austauschstudent war das nicht nötig, aber z.B. für die Athleten. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Ema, die erzählt hatte, dass sie gerne an eine Uni mit höherem akademischen Anspruch gegangen wäre, aber ihr SAT-Score nicht gut genug war. Da sieht man, dass auch Athleten in den USA sich nicht auf ihrem Sporttalent ausruhen können. Naja, zumindest nicht wenn ihnen akademische Leistungen auch wichtig sind. Natürlich sind GPA, SAT und ACT aber nicht die einzigen Dinge die über eine erfolgreiche Bewerbung entscheiden. Oftmals können Empfehlungsschreiben, Bewerbungsgespräche oder Arbeitsproben helfen, sich bei der Uni beliebt zu machen. Und nicht zuletzt zieht auch an amerikanischen Unis stets ein gewisses Vitamin B. Gerade wenn die eigenen Eltern, Großeltern oder Geschwister schon an einer bestimmten Uni studieren oder studiert haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man selber auch reinkommt sehr hoch. Immerhin ist man mit so einer Familiengeschichte auch weniger dazu bereit, nach einer Zusage wieder abzuspringen.

Ist man dann einmal an einer Uni angenommen geht das Studieren los! Wie es dann mit der Notengebung aussieht hatte ich ja oben schon erklärt. Und auch den allgemeinen Ablauf der akademischen Laufbahn (z.B. 4 Jahre bis zum Bachelor, Fall/Spring Semester mit optionalem Summer Semester, danach Master/Postdoc etc.) habe ich in vorherigen Posts schon erwähnt. Von daher wird dieser Abschnitt wohl doch kürzer als gedacht. Was aber noch ziemlich interessant ist, ist wie man allgemein Leistungen ablegt und in welchen Fächern. Nehmen wir z.B. ein normales Bachelorstudium. Um das abschließen zu können benötigt man an der UNR 120 Credits. Wie schon in einem vorherigen Post erwähnt, sind 15 Credits pro Semester in etwa der Standard. Wie man diese erreicht ist einem allerdings zum größten Teil selbt überlassen. Man muss nicht unbedingt eine Abschlussarbeit schreiben wie in Deutschland. Man hat auch nicht die eine Abschlussprüfung am Ende des Studiums oder am Ende eines bestimmten Kurses. Vielmehr werden Prüfungsleistungen aufgeteilt in Midterms und eine Final Exam am Ende, die aber meist genau den gleichen Umfang hat wie eine Midterm Exam. Viele Studenten an der UNR hatten in ihren Kursen 4 Prüfungen im Semester. Alle nicht allzu groß und gleich wichtig. Finde ich persönlich eigentlich gut, dass man das ein bisschen entzerrt und nicht den ganzen Druck aufs Ende legt. Außerdem wird ein Großteil aller Punkte in den Kursen auch durch regelmäßige Hausaufgaben und Seminararbeiten erbracht. So ist man quasi gezwungen am Ball zu bleiben und es wird nicht so ein großer Fokus auf Prüfungen gelegt im Vergleich zu Deutschland. Das ist auf jeden Fall eines der Dinge, die ich besser finde als bei uns. Und das will ich an dieser Stelle auch mal klar machen. Ich habe in den letzten Posts über das Unisystem viel negatives erzählt bzw. es so klingen lassen. Eigentlich mag ich das System aber sehr gerne! Klar, die Kosten und dieses standardisierte Testen könnte man weglassen, aber der generelle Aufbau gefällt mir. Keine großen Abschlussprüfungen, weniger Druck, keine Zeit zum Prokrastinieren, 4 Jahre Bachelor, 1-2 Jahre Master mit Einblick in die Forschung, PhD als Student und nicht als Angestellter. Finde ich auf jeden Fall angenehmer und logischer aufgebaut! Und nun kommt zum Abschluss die Sache, die ich am absolut besten finde: große Freiheit bei der Kurswahl. Wenn ich mich in Deutschland für ein Studium entscheide, muss ich mich vorher für ein Fach entscheiden und bekomme dann einen Plan von Kursen, die ich absolvieren muss, die da und da stattfinden und die ich am besten in diesem und jenem Semester besuchen sollte. Ein paar Wahlpflichtmodule sind dabei und meistens ein Modul, dass "Schlüsselqualifikationen" oder so ähnlich heißt. Die Auswahl die man darin aber hat ist auch stets begrenzt. Und jetzt blicken wir nach Amerika: Dort kann man sich an der Uni bewerben und fängt einfach an zu studieren. Ja aber was? Genau das was man will. Viele US-Unis erlauben den Studenten erst nach 1 oder 1,5 Jahren ein Hauptfach zu wählen. Das heißt man hat zu Beginn erst einmal die Chance in die Breite zu studieren und die Kurse zu belegen, die man für interessant oder für sinnvoll hält. Natürlich empfiehlt es sich, je nach Präferenz einige Grundlagenkurse (z.B. in Mathe, Englisch, Business, etc.) zu belegen, da es auch in den USA in allen Fächern Pflichtkurse gibt, die man abgelegt haben muss, zum Teil auch als Voraussetzungen für andere Kurse. Das sind aber bei weitem nicht so viele wie in Deutschland und man hat neben diesen Grundlagenkursen (die man zu dem Zeitpunkt quasi freiwillig wählt) eben auch die Möglichkeit, ein paar andere Kurse zu besuchen, die einen interessieren und in die man mal hineinschnuppern möchte. Die dort erworbenen Credits zählen auch zu den Gesamtcredits am Ende dazu, selbst wenn man sich nach einem oder anderthalb Jahren dazu entscheidet, etwas völlig anderes als sein Hauptfach zu wählen. Natürlich kann man auch gleich schon zu Beginn sein Hauptfach wählen, aber es gibt eben diese Option und viele Studenten machen davon Gebrauch (soweit ich weiß z.B. alle Athleten die ich kennengelernt habe). Hat man dann irgendwann sein Hauptfach (Major) gewählt, kann man noch dazu ein Nebenfach (Minor) wählen, ähnlich wie das an manchen Unis in Deutschland ist. Dabei ist es egal ob das Nebenfach nützlich für die berufliche Karriere ist oder ein reines Hobby ist. Ebenfalls gibt es stets die Möglichkeit, sein Hauptfach (oder sein Nebenfach) zu wechseln. Das wird besonders oft gemacht, wenn man sich innerhalb seines Fachs umorientieren will. Viele thematisch ähnliche Hauptfächer haben sowieso die gleichen Pfichtkurse und warum dann nicht einfach wechseln, wenn man merkt, dass die andere Richtung doch eher zu einem passt? Flexibilität wird an US-Universitäten wirklich groß geschrieben. Und genau daran fehlt es in Deutschland und vermutlich auch in ganz Europa. So viel wie man amerikanische Unis (zurecht) kritisieren darf, so viel Vorteile bietet ihr System meiner Meinung nach, da es jedem Studenten die Möglichkeit gibt, einfach und unkompliziert seinen Weg zu finden. Man wird eben nicht einfach reingeworfen und muss dann das und das machen um den Abschluss zu bekommen und wenn man unzufrieden ist muss man auch nicht gleich abbrechen und von vorne beginnen. Ich hätte mir rückblickend ein solches System lieber gewünscht als das deutsche bzw. europäische. Von daher an dieser Stelle: Hut ab, USA! Ich glaube wirklich, dass das ein großer Grund ist warum Amerika akademisch sehr oft an der Spitze steht. Und Geld natürlich. :)

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Musikempfehlung des Tages: Post Malone - I'm Gonna Be

10Juni
2020

Unisystem in den USA - Kosten

Tatsächlich wäre ich in einem normalen Jahr gestern erst aus den USA zurückgekommen. Aus Washington DC, genau da wo jetzt gerade einiges los ist. Naja, nun habe ich stattdessen einen Haarschnitt und "Flight Credit" für einen neuen Flug bis November nächsten Jahres bekommen. Also mal sehen, vielleicht geht es ja bald schon wieder über den großen Teich...

Aber wir haben ja noch was aufzuarbeiten. Ich war vor zwei Wochen beim amerikanischen Unisystem stehen geblieben. Ist ein großes Thema und heute will ich vor allem auf das eingehen, was viele von einer akademischen Laufbahn abhält: Geld und Leistung. Ich glaube jeder hat schon mal von den exorbitant teuren Studiengebühren in den USA gehört. Und es ist wahr. Wer studieren will braucht Geld. An der UNR zahlt man pro Jahr als Undergraduate Student aus dem Bundesstaat Nevada etwa 20.000$. Nach 4 Jahren normale Studienzeit sind das also 80.000$. Kommt man allerdings nicht aus dem Bundesstaat Nevada, sondern etwa aus dem Osten des Landes und will trotzdem an der UNR studieren, zahlt man pro Jahr etwa 35.000$, also nach 4 Jahren 140.000$. Das ist der Unterschied zwischen In-State- und Out-of-State-Tuition. Man will damit die eigenen Leute quasi im Bundesstaat halten, sodass nicht alle gleich aus ärmeren Bundesstaaten wegziehen bzw. dass beliebte Unis in beliebten Gegenden der USA nicht überrannt werden. Man muss dazu sagen, dass die Staaten im Westen der USA ein Programm haben, dass es Studenten aus anderen West-Staaten ermöglicht für einen günstigeren Preis an der jeweiligen Uni zu studieren. Deswegen gibt es an der UNR trotzdem viele Studenten aus dem benachbarten Kalifornien oder aus anderen Staaten wie Oregon, Idaho oder Hawaii. Diese zahlen dann nur anderthalb mal so viel wie ein Student aus Nevada. Was in dem Fall dann aber immer noch ca. 30.000$ sind. Out-of-State-Tuition gilt übrigens auch für internationale Studenten. Wäre ich also nicht über ein Partnerprogramm an die Uni gekommen, sondern hätte mich einfach so eingeschrieben, hätte ich für das eine Semester (plus International Fee) etwa 19.000$ zahlen müssen (39.000$ pro Jahr). Wobei das nur die Gebühren für Undergraduate Students sind. Ich wäre ja Masterstudent gewesen und hätte somit als Graduate Student noch mehr zahlen müssen! Es ist schon verrückt, wenn man das mit anderen Ländern vergleicht. Jetzt muss man dazu sagen, dass diese Gebühren alles beinhalten, was man vor allem als Undergraduate Student braucht. Dazu gehört ein Wohnheimplatz, ein Meal Plan und Lehrmaterialien wie Bücher (die absurd teuer werden können), etc. Zieht man das ab ist man bei etwa 8.500$ für einen Undergraduate Student aus Nevada. Dann ist es so, dass die normalen Studiengebühren immer pro Credit gerechnet werden. Verschiedene Kurse bringen verschieden viele Credits. Ein "normaler" Workload pro Semester besteht aus ca. 15 Credits, also 30 pro Jahr. Ein Credit kostet ca. 230$. So kommt man dann auf die Gesamtgebühr. Man kann also sagen, dass man, wenn man aus Nevada kommt, in einer günstigen WG außerhalb des Campus wohnt, keinen Meal Plan hat und wenig Credits pro Semester absolviert, auf jeden Fall deutlich günstiger davonkommen kann. Aber erstens muss man ja eine bestimmt Anzahl an Credits jedes Jahr und insgesamt absolvieren um das Studium abschließen zu können (außerdem fallen die Kosten für Essen, Wohnen und eventuelles Pendeln zur Uni dann eben wo anders an) und zweitens ist das immer noch mindestens 10 mal mehr als was ich in Dresden pro Jahr zahle (wohlgemerkt zahle ich ja keine Studiengebühren in Deutschland). Darüber hinaus muss man feststellen, dass die UNR mit ihren Gebühren ungefähr im Mittelfeld im Vergleich zu anderen US-Unis liegt. Vor allem ist sie eine öffentliche, staatliche Uni und keine private. Hat man die Ambition an eine große, renommierte (und evtl. private) Uni zu gehen, zahlt man nochmal um ein Vielfaches mehr. Die Columbia University in New York gilt als eine der teuersten Unis in den USA. Dort zahlt man etwa 74.000$ pro Jahr. Unglaublich. Es ist also kein Wunder, dass viele Studenten hohe Kredite aufnehmen oder 2-3 Nebenjobs annehmen, um sich das Ganze finanzieren zu können. Kiki hat beispielsweise neben ihren 21(!) Credits jeden Mittwoch bei Chick-fil-A gearbeitet und an ausgewählten Tagen in einem Museum. Sie kommt aus Kalifornien, muss also mehr zahlen als Studenten aus Nevada und dann eben nochmal mehr weil sie mehr Credits als üblich belegt. Es gibt natürlich Möglichkeiten, diese ganzen Gebühren zu vermeiden. Zum einen kann man einfach reiche Eltern haben, die einem alles bezahlen. Da das aber nicht für alle in Frage kommt, versuchen die meisten Studenten Stipendien und andere Förderungen zu bekommen. Ich kenne mich weiß Gott nicht gut aus, aber ich habe doch gehört, dass durchaus viele Studenten eine (wenn auch oft kleine) Förderung bekommen. Am besten trifft man es aber wenn man besonders schlau ist (akademisches Stipendium) oder besonders sportlich ist (Sportstipendium). Man muss es eigentlich nur schaffen, dass die Uni einen will, dann muss man sich um Geld fast keine Sorgen mehr machen. Eine weitere Möglichkeit gibt es noch, mit der man die hohen Gebühren vermeiden kann und die für manche am Ende die nachvollziehbarste ist: Einfach nicht studieren.

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Musikempfehlung des Tages: 2Pac feat. Talent - Changes

03Juni
2020

#blacklivesmatter

Eigentlich hatte ich für heute einen weiteren Eintrag über das amerikanische Hochschulsystem geplant. Die aktuellen Ereignisse haben mich allerdings umdenken lassen und ich glaube auch auf diesem Blog kann ich ein bisschen zum Thema Rassismus in den USA und allgemein beitragen - und wenn es nur das Äußern meiner subjektiven Gedanken ist. Vielleicht wird der Eintrag ein bisschen sperrig, großkotzig oder politisch, aber bei einem solchen Thema ist das glaube ich zwangsläufig so. Und wenn auch nur ein Leser danach schlauer ist als zuvor, dann hat sich dieser Versuch eines Einblicks sowieso schon gelohnt.

In den USA gibt es gerade Proteste die entflammt sind, nachdem der schwarze George Floyd in Minneapolis sinnlos von einem weißen Polizisten getötet wurde. Wenn man dem Ganzen auf Social Media etwas folgt, ist man bestimmt auch vorher immer wieder auf solche Zwischenfälle gestoßen. Alleine als ich in Reno lebte, machten die Geschichten von Ahmaud Arbery (im Süden Georgias einfach so beim Joggen erschossen) und Breonna Taylor (in Louisville bei einer unangekündigten Polizeikontrolle in ihrer Wohnung im Schlaf erschossen) die Runde. Und auch vorher gab es immer wieder solche Vorfälle. Ich denke der Fakt, dass der Tod George Floyd so offensichtlich unnötig und falsch war und dass der Vorfall so direkt und in guter Auflösung gefilmt wurde, ließ das Ganze diesmal explodieren. Und mich wundert es nicht. Es muss sich in diesem Land etwas ändern, sowohl was Polizeigewalt als auch was Rassismus angeht. Und es ist irgendwie schön zu sehen, dass sich diesmal wirklich etwas bewegt. Von allen Seiten wird der Mord diesmal verunglimpft. Auf Social Media beziehen so viele Leute Stellung wie noch nie und in allen 50 US-Bundesstaaten (wann gab es das schon mal?) sowie im Rest der Welt (auch in Deutschland) wird protestiert. Auch in Reno gab es wohl schon Proteste, die zunächst friedlich verlaufen sind, später aber auch gewalttätig geworden sind. Offenbar wurden die Scheiben des Rathauses zerstört, eine historische USA-Flagge aus einem Museum gestohlen und die Bürgermeisterin hat nun eine Ausgangssperre für alle Einwohner Renos erlassen - auf unbestimmte Zeit. Wahnsinn, wer hätte das gedacht, als ich Anfang Januar zum ersten Mal durch Downtown lief? Dass all das passieren würde?

Aber dieser Blog soll ja auch ein bisschen meine Erfahrungen widerspiegeln. Was habe ich also für Erfahrungen hinsichtlich der schwarzen Community und Rassismus in den USA gemacht? Nun, man merkt auf jeden Fall, dass es ein strukturelles Problem ist. Das habe ich nicht nur in Reno gesehen, sondern in quasi jeder größeren Stadt, die ich in den USA schon besucht habe. Wenn man nach Downtown geht sieht man es unweigerlich: In den Casinos sitzen mehrheitlich Weiße, vor den Casinos sitzen schwarze Obdachlose. Entfernt man sich auch nur eine Straße weg von den Casinos, so sieht man sofort heruntergekommene Häuser, nicht sehr einladende Geschäfte und brachliegende Grundstücke. Und eben arme Leute. Und von denen sind die meisten Schwarze. Auch beim Walmart in der 2nd Street hat man es deutlich gesehen. Es gab immer einige schwarze Leute, die vor dem Geschäft saßen und auch das allgemeine Klientel im Laden war "durchmischter" als die anderen Walmarts in Reno. Weil dieser Walmart eben der näheste für Leute in Downtown ist. Auch die Busse wurden mehrheitlich von Schwarzen und anderen Minderheiten genutzt. Eben von den Leuten, die kein Auto haben. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass in Nevada, sowie im ganzen Südwesten der USA eine andere Minderheit viel zahlreicher vertreten ist: Latinos. All das was ich hier gerade über Schwarze erzähle, trifft auch auf Latinos zu, wobei ich hier trotzdem einen Unterschied sehen konnte, den ich mal drastisch formuliere: Latinos haben meistens Jobs. Während mir in ganz Reno schwarze Leute immer nur in der Downtown-Gegend und dort meistens in Armut und Obdachlosigkeit begegnet sind, findet man Latinos oft in Form von Putzfrauen in den Wohnheimen und Unigebäuden, als Verkäufer in Supermärkten oder als Mitarbeiter in Fast-Food-Restaurants. Klar, da etwa 25% der Einwohner Renos Latinos sind, ist das auch nicht verwunderlich. Sie müssen quasi Teil der Gesellschaft sein. Der Anteil Schwarzer ist da deutlich geringer (Wikipedia sagt etwa 3%). Aber wie sah das im Unialltag aus? Natürlich ist das eine andere Geschichte. Der Unicampus ist ein Mikrokosmos in sich. Und noch dazu einer mit gebildeten Leuten. Bis auf die oben erwähnten Putzfrauen könnte man meinen, dass hier jeder gleich behandelt wird unabhängig seiner Hautfarbe und Herkunft. Und das würde ich auch so unterschreiben, denn (fast) alle Studenten, Professoren und Mitarbeiter, die ich kennengelernt habe sind überaus offen und herzlich jedem gegenüber. Alleine die Diversität, die man auf dem Campus jeden Tag sieht, ist Ausdruck für die Vielfalt der Studentenschaft. Ihr wisst ja mittlerweile, dass es internationale Studenten aus allen Ecken der Welt gibt, aber auch unter den amerikanischen Studenten habe ich Leute jeglicher Couleur kennengelernt. Und das war eine überaus schöne Atmosphäre. Dennoch möchte ich auch hier nicht nur loben. Selbst wenn ich die Einzelfälle von Rassismus auf dem Campus, die ich von einigen Leuten gehört habe, ausblende, so bleiben doch noch einige Dinge, die man anprangern kann. Warum habe ich oben "fast" in Klammern geschrieben? Ich habe dabei speziell an den Typen von "Turning Point" gedacht, mit dem ich mich eine halbe Stunde über Waffengewalt in den USA unterhalten hatte und der aktiv gegen Bernie Sanders protestiert. Auch solche Leute und deren Organisationen gibt es auf dem Campus und auch wenn ich es nicht direkt gesehen habe, vermute ich, dass da doch noch eine ganze Menge Rassismus vergraben liegt. Auch der Fakt, dass es Clubs gegen Rassismus und spezielle Clubs für schwarze, lateinamerikanische oder asiatische Studenten gibt, zeigt finde ich, dass manchmal noch ein Dialog fehlt, den solche Clubs zu initiieren versuchen. Zu guter Letzt könnte man auch die Student Athletes als Beispiel heranziehen. Im Basketballteam gibt es viel mehr schwarze als weiße Sportler. Auch andere Sportarten haben einen überdurchschnittlichen Anteil schwarzer Sportler, wenn man es mit der allgemeinen Studentenschaft vergleicht. Da diese Leute ja meistens von der Uni angeworben werden, könnte man die überspitzte These aufstellen, dass man sich Schwarze nur dann holt, wenn sie für einen Leistung abliefern. Sonst sieht man sie nämlich auch deutlich unterrepräsentiert unter den Studenten. Zugegeben, das mag ein wenig übertrieben sein zumal ich ja schon erzählt habe, dass es allgemein wenig Schwarze in Reno gibt, aber es ist dennoch ein Gedanke der mir in den letzten Tagen kam. Denn wo habe ich schwarze Leute in Reno am meisten gesehen? Auf den Straßen in Downtown und in der Basketballarena.

Rassismus ist also deutlich sichtbar in den USA für jeden. Dennoch war es kein großes Thema für mich, als ich dort war. Warum? Weil ich Weißer bin und damit privilegiert. Ich hab nichts dergleichen direkt gesehen oder erfahren. Aber ich habe im Zuge der aktuellen Demonstrationen viel gelernt. Und ich würde aktuell eine Aussage über mich treffen, die ich vorher empört zurückgewiesen hätte: Ich bin Teil des Problems! Klar, keiner wird als Rassist geboren, aber wir leben (auch hier in Deutschland) in einer Gesellschaft, die von strukturellem Rassismus geprägt ist. Und der agiert eben manchmal auch unterbewusst. Denn es ist einfach zu sagen, dass man kein Rassist ist und dass man alle Menschen für gleich erachtet. Aber bringt das etwas? Das was ich aktuell oft von schwarzen Aktivisten in den sozialen Medien lese, ist dass es nicht genügt, kein Rassist zu sein, sondern man sich offen gegen Rassismus aussprechen soll. Es gibt ein interessantes Video das gerade kursiert, bei dem ein Publikum aus weißen Leuten darum gebeten wird aufzustehen, wenn jemand dazu bereit ist, die gleiche Behandlung wie schwarze Leute zu bekommen. Natürlich steht keiner auf. Weil jeder weiß, was los ist, aber dennoch nichts dagegen unternimmt sondern es einfach akzeptiert. Das darf man nicht falsch verstehen, es ist nicht unsere Schuld. Man meint es ja nicht böse. Aber dennoch sollte man sich nicht einfach auf seinen Privilegien ausruhen, weil man das Ganze dann ja nur mitträgt und nicht verändert. Und dazu muss man eben den Tatsachen ins Auge sehen. Auch ich habe mich unsicherer gefühlt wenn ich schwarze Männer an der Straßenecke in den USA gesehen habe. In Deutschland ist der Impuls einer Grupper arabisch aussehender Leute aus dem Weg zu gehen höher als bei einer Gruppe weißer Leute. So empfinde ich nicht, aber tief in mir drin sitzt da irgendwas, was dann eben doch solche Impulse hervorruft. Für deren Existenz bin ich nicht verantwortlich, aber ich bin dafür verantwortlich sie zu bekämpfen. Vielleicht merkt ihr gerade, dass es anstrengend ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und das ist es auch. Und noch dazu ist es komplex. Vor allem ist das was ich mache auch gar nicht so optimal. Denn meine Sicht auf Rassismus als Weißer ist nicht die, auf die man hören sollte. Wenn ihr euch wirklich damit beschäftigen wollt: Informiert euch, folgt schwarzen Aktivisten auf Social Media, kauft euch Bücher von schwarzen Autoren oder schaut euch Filme und Dokus von schwarzen Regisseuren und Produzenten an. Nur wenn wir dazu bereit sind, diesen Leuten zuzuhören und die Geschichte kennenzulernen, können wir echtes Verständnis und echte Veränderungen schaffen. Keine Sorge, keiner muss jetzt zum Aktivisten werden. Auch ich habe nicht dauernd Lust mich mit so einem schwerwiegenden und unattraktiven Thema zu beschäftigen. Aber jede kleine Aktion, die zu mehr Verständnis und mehr Bildung führt ist wertvoll. Ich möchte an dieser Stelle zwei Links anführen, die Einblicke in die aktuelle Situation in den USA und deren Ursprünge geben. Zunächst ein Video des genialen Late-Night-Show-Moderators und Comedians Trevor Noah, der über die aktuellen Ereignisse in einem Monolog reflektiert (Link, englisch). Außerdem eine Dokumentation der schwarzen Regisseurin Ava DuVernay, die die Geschichte der Unterdrückung von Schwarzen durch Weiße erläutert und die zeigt, wie struktureller Rassismus aktuell in den USA funktioniert (Link, englisch mit deutschen Untertiteln / auch auf Netflix verfügbar). Beides hat mich das Problem ein bisschen mehr verstehen lassen und ich denke es ist schon viel geholfen, wenn sich die Leute zumindest bewusst sind, worum es bei den Protesten eigentlich geht. Außerdem hat sich unter anderem durch diese Einblicke meine Meinung zu den gewaltsamen Ausschreitungen am Rande der Proteste in den USA geändert. Ich höre viele Leute jetzt auch vor allem aus Deutschland aus sagen: Mensch, die protestieren für solch eine gute Sache und dann machen sie es sich selber kaputt und schlagen Scheiben ein und plündern Läden. Gewalt ist natürlich zu verurteilen (sowieso immer!), aber der Fakt, dass viele (weiße) Leute sich eher um solche Ausschreitungen zu kümmern scheinen als um die tagtägliche Gewalt gegen Schwarze durch die Polizei (die sie eigentlich schützen sollte), zeigt, dass man offenbar lieber über die Art der Demonstration redet, als über das viel größere Problem um das es eigentlich geht. Außerdem hat man es ja vor ein paar Jahren gewaltlos versucht. Als der Football-Quarterback Colin Kaepernick sich vor jedem Spiel während der amerikanischen Nationalhymne hinkniete um gegen Polizeigewalt gegen Schwarze zu protestieren, wurde er aus der Liga geschmissen, vom Präsidenten als unamerikanisch verumglimpft und von vielen weißen Leuten zutiefst diskreditiert. Passiert ist nichts. Kaepernick spielte übrigens vor seiner NFL-Karriere College-Football für das Nevada Wolf Pack in Reno. Er ist bis heute der bekannteste Athlet der Uni.

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Musikempfehlung des Tages: Childish Gambino - This Is America