Berichte von 09/2020

30Sept
2020

Ist das jetzt Normalität?

Hallo liebe Blogleser! Es ist eine Weile her seit dem letzten Eintrag. So war das eigentlich nicht geplant, aber wie es immer so ist, kommt dann hier und da was dazwischen und alle Pläne verschieben sich. Ich war z.B. nochmal mit Freunden in Polen und bin wieder nach Dresden gezogen. Selbst wenn man Dinge gern tut (wie ich zB. diesen Blog führe), schiebt man diese da dann auch mal vor sich her.

Tja, heute ist der 30. September. Das ist offiziell der letzte Tag in diesem Corona-Sommersemester, zumindest in Deutschland. Angefangen hat es damals am 1. April, meinem Geburtstag. Über ein halbes Jahr ist es also schon her, dass ich wieder aus Reno zurück bin. Und immer wenn ich so daran zurückdenke, kommt bei mir eine unglaubliche Sehnsucht auf. Und ich meine damit nicht nur die Tage in Reno, sondern irgendwie auch die Zeit danach in der ich noch Kurse hatte. Die Welt stand still, jeder war zuhause und ich saß jeden Abend an meinen amerikanischen Uni-Aufgaben. Ab und zu hatte ich eine Vorlesung um 18 oder 21 Uhr und wach war ich eigentlich immer bis 5 oder 6 Uhr, weil sich meine innere Uhr noch nicht angepasst hatte. Dazu quasi wöchentlich ein Zoom-Call mit allen Freunden aus Reno und fast jeden Tag wurde sich über Social Media ausgetauscht. So beschissen diese Zeit objektiv war, so war sie doch anders und direkt mit meinem Auslandssemester an der UNR verbunden. Für jeden war es eine komische und schwere Zeit, aber irgendwie war man doch auf eine Art noch verbunden. Und jetzt? Normalität. Corona? Merkt man nur noch an den Masken, die in Sachsen nicht mal überall getragen werden mussten. Die UNR? Ist schon lange im nächsten Semester. Und die Leute aus Reno? Machen irgendwie auch ihr Ding. Ist es das jetzt also? Ist alles jetzt wirklich vorbei und nur noch eine schöne Erinnerung aus der Vergangenheit? Immerhin bin ich jetzt auch wieder in Dresden und kümmere mich bald um eine Masterarbeit. Irgendwie fühlt es sich so an. Aber natürlich ist nicht alles so wie ich es gerade darstellen lasse.

Anfang September hatte ich das letzte Zoom-Meeting mit den Reno-Leuten. Es waren nicht allzu viele dabei, aber zumindest habe ich von Jiwon einiges erfahren und auch Diana hat sich mal wieder zugeschalten und hat von ihrer neuen Wohnung und ihrem Praktikum in Dresden erzählt. Ich habe am Ende außerdem lange mit Kiki gesprochen, die wohl kurzerhand von ihrem Chef bei der Wildwasser-Rafting-Agentur nach Puerto Rico versetzt wurde bis zum Ende des Jahres. Wir werden also in Zukuft einen geringeren Zeitunterschied haben! Von den anderen habe ich Neuigkeiten nur über Social Media erfahren. Reggy nimmt gerade eine Auszeit von ihrem Bäcker-Business und probiert sich an neuen Kreationen und hat auch jetzt wieder Kurse an ihrer Uni. Joaquin klettert offenbar wieder durch ganz Chile. Ema hat an den italienischen Leichtathletik-Meisterschaften teilgenommen und ist Dritte in der U23-Klasse geworden, was unglaublich gut ist und was auch sofort vom Nevada Wolf Pack-Social Media Team gefeiert wurde. Sonst läuft ja eh nichts beim College-Sport. Naja und sonst? Ich war ja mit zwei Freunden meines damaligen Florida-Austausches in Polen, was unglaublich gut getan hat! Einfach mal mit Freunden irgendwo was neues erleben, das hatte ich ja quasi seit März nicht mehr.... Und ich sollte Diana aus einem Laden in Breslau ein paar Aufstriche mitbringen (weil ihr Vater die kennt und mag und der hat wohl bald Geburtstag). Das habe ich natürlich gemacht und so kam es vor etwa zwei Wochen dazu, dass ich Diana das erste Mal seitdem wir uns am Frankfurter Flughafen voneinander verabschiedet hatten wieder persönlich getroffen habe. Auch wenn es nur für eine halbe Stunde war, es war einfach schön, jemanden aus dieser Zeit wieder vor sich zu haben. Das klingt irgendwie komisch, aber ihr wisst was ich meine. :D Wir haben ausgemacht, dass wir uns auf jeden Fall auch so mal wieder treffen wollen und dann in Erinnerungen schwelgen werden. Und vor ein paar Tagen gab es dann noch eine Überraschung. Ganz nichtsahnend sah ich eines Morgens auf mein Handy und stellte fest, dass in unserer WhatsApp-Gruppe einiges los war. Peter, Reggy, Jiwon, Diana und Kiki hatten geschrieben... moment mal! Peter? Ist der nicht bis März 2022 bei der Armee in Südkorea? Das schon, aber offenbar hat er nun sein Handy wieder bekommen und er kann wieder mit der Außenwelt kommunizieren. Und so teilte er uns mit, dass er sich gerade auf offener See befindet (offenbar mit WLAN) und die Ausbildung bisher schon recht hart war. Wir werden im nächsten Zoom-Call bestimmt noch mehr aus ihm herauslocken können. Leider sind Videoaufnahmen bei ihm auf dem Schiff nicht erlaubt, aber er kann die Kamera ja ausmachen. Zumindest seine Stimme kann man dann mal wieder hören. Ich bereue es jetzt auch ein bisschen, dass ich ihm keinen Brief habe zukommen lassen. Dazu hatte er vorher aufgerufen und extra einen Freund gebeten, ihm alles aus dem Ausland weiterzuleiten. Ich wollte mich eigentlich die Tage mal ransetzten und einen ausführlichen Brief verfassen. Und dann meldet er sich einfach über WhatsApp. Das kommt davon wenn man zu lange trödelt. Aber nach einer witzig gestalteten Entschuldigung war das auch schon kein Thema mehr.

So, das soweit als kleines Update nach so langer Zeit. Über eine Sache will ich allerdings noch kurz schreiben. Ich habe ja letztes Mal den Blog von Nina ("die Studentin nach mir") empfohlen. Ich selbst bin natürlich gebannter Leser und muss sagen, dass ihre Einträge es wirklich jedes Mal schaffen, mich wieder melancholisch werden zu lassen. Sie spiegeln wirklich gut den US- bzw. den UNR-Lifestyle wider und da sie sogar Videos mit einbaut, wird das Ganze sogar noch greifbarer. Auch die Infos, die sie dort zum Austausch an sich und zum Bewerbungsverfahren gibt sind sehr ausführlich und verständlich geschrieben. Ein toller Blog auf jeden Fall! Wenn man sich aber den letzten Post so anschaut, wird eins nochmal klar (Achtung, gekonnte Überleitung): Der Coronavirus wütet in den USA nachwievor stark und an der UNR sogar immer mehr. Nina (und ich vermute auch Daniel) haben sich tatsächlich diesen Monat damit angesteckt und sie sind damit nicht die einzigen. Im letzten Post bin ich schon einmal darauf eingegangen, wie (auf den ersten Blick) unverantwortlich amerikanische Unis mit der Gesundheit ihrer Studenten und Mitarbeiter umgehen, aber auch welche speziellen Herausforderungen sie eben meistern müssen. Bei meinem letzten Post gab es an der UNR 39 Fälle. Wer an den Fallzahlen seitdem interessiert ist, kann gerne hier nachsehen: https://www.unr.edu/coronavirus/cases. Das mit dem Link mache ich an dieser Stelle übrigens aus dramaturgischen Gründen. Wenn man sich die Meldungen der Fälle nämlich selbst anschaut, erzeugt das gleich eine stärkere Wirkung für das Ausmaß, als nur die bloßen Zahlen. Das ist zumindest meine Erfahrung. Die USA haben also noch etwas zu kämpfen mit dem Virus. Aber bei uns ist ja alles wieder gut. Hah, das hätte man gerne! In Deutschland geht's uns vielleicht aktuell ganz gut, aber wie man an den immer zahlreicher werdenden Risikogebieten in Europa sieht, ist es auch bei uns noch überhaupt nicht vorbei. Wir sollten deshalb gerade jetzt besonders auf uns aufpassen und das Virus nicht auf die leichte Schulter nehmen. Man weiß nie was kommt. Letztendlich kann immer noch jeder morgen einen verhängnisvollen Anruf bekommen. Von daher ist vielleicht doch noch nicht alles normal. Normalität? Vielleicht schon. Normal? Bestimmt nicht.

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Musikempfehlung des Tages: The Beatles - With A Little Help From My Friends