18Februar
2020

Feel The Bern!

Dieser Tag begann wieder mal wie jeder andere Dienstag. Früh aufstehen und dann zu Climatology, was nicht gerade spannend war. Das änderte sich aber danach. Ich hatte schon seit einer Woche überlegt, was ich nun machen soll. Soll ich zur GIS-Klasse gehen, in der heute die letzte Stunde vor der Prüfung ist und wir nochmal über alle wichtigen Dinge reden? Oder soll ich einfach nicht hingehen und dafür die einmalige Chance nutzen, Bernie Sanders live zu sehen? Ja richtig, Bernie Sanders besuchte heute die Universität, um nochmal Wähler zu mobilisieren für die demokratischen Vorwahlen in Nevada. Auch andere Politiker sind in den letzten Tagen nach Reno gekommen (gibt ja in Nevada auch nicht viele andere Städte), allerdings haben die alle irgendwelche Middle Schools oder Coffee Shops besucht und ich war auch nicht so interessiert daran. Aber Bernie Sanders direkt hier an der Uni? Die Chance musste man eigentlich schon nutzen. Ich entschied mich also spontan dafür, nicht zur Klasse zu gehen und lief stattdessen zum Lawlor Events Center, wo ich in einer kleiner Schlange erstmal eine Weile anstehen musste. Mein Rucksack wurde dann überprüft und ich musste mein Wasser abgeben und meinen Müsliriegel wegwerfen. Schade. Danach kam ich in einen kleineren Raum, wo eine kleine Bühne aufgebaut war und sich schon einige Leute und Kamerateams befanden. Ich war etwas überrascht, da ich dachte, dass die Veranstaltung in der großen Arena stattfinden würde (wo sonst auch die Basketballspiele stattfinden). Der kleinere Raum war aber vollkommen ausreichend. Ich suchte mir einen relativ okayen Platz und nach einigen Minuten ging es auch schon los. Es gab ein paar Vorredner, wie die Präsidentin des "Students 4 Bernie"-Vereins in Reno oder eine Lokalpolitikerin aus dem Stadtrat. Dann war es soweit: Bernie Sanders kam herein und die Menge jubelte. Viele Leute hielten Schilder hoch und es kam genau die Stimmung auf, die man erwartet, wenn man solche "Rallys" schon mal im Fernsehen gesehen hat. Alle waren begeistert und klatschten zu allem was Bernie sagte. Er redete hauptsächlich über sein Programm, was er ändern will im Gesundheitssystem, Bildungssystem, Steuersystem usw. Von einem deutschen Standpunkt aus gesehen, sind seine Forderungen nichts utopisches. Für manche Amerikaner allerdings schon. Ich denke aber, wenn jemand Trump dieses Jahr schlagen kann, dann ist es Bernie. Sein Programm grenzt sich eindeutig von denen der anderen ab und er ist der komplette Gegensatz zu Trump. Schauen wir mal, dazu muss er ja erstmal zum Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gewählt werden. Bisher sieht es ja ganz gut aus. Mal sehen wie die Wahlen in Nevada am Samstag werden. Bernie rief am Ende dazu auf, dass alle jetzt mitkommen sollen und in die Joe Crowley Student Union rüberlaufen sollen. Dort ist nämlich nur noch heute das "Early Voting" möglich. Die Menge setzte sich also in Bewegung, denn jeder dachte, er läuft jetzt mit allen rüber zum Campus. Wie sich später herausstellte, stieg er doch gleich in sein Auto und fuhr weiter zum Flughafen. Dennoch bildete sich eine große Menschenmenge vor der Student Union und Kamerateams interviewten ein paar Leute. Es gab auch drei Leute, die mit einem großen "Socialism sucks"-Banner auf der Wiese standen. Ein Mann diskutierte mit ihnen aber ich glaube da kam nichts bei raus. Ich erkannte auch den Typen wieder mit dem ich mich auf der Club Fair lange unterhalten habe. Er macht offenbar bei jedem solchem Kram mit. In der Student Union bildete sich eine ellenlange Schlange an den "Early Voting"-Stellen, die sich bis in den späten Nachmittag ziehen sollte. Schön, dass er direkt etwas bewirkt hat. Wer übrigens seine 15-minütige Rede in Reno sehen will, der kann das hier tun: https://www.youtube.com/watch?v=J50uFUJBMp4 (es beginnt etwa an der 25 Minuten-Marke).

Ich ging anschließend zum Essen und dann wieder mal in den Konferenzraum mit den üblichen Verdächtigen. Richtig viel bekam ich aber nicht gebacken und so ging ich gegen 16 Uhr runter in mein Zimmer um alles für eine weitere Ausgabe Muscle Hustle zusammenzupacken. Dabei traf ich auf unseren Mitbewohner Parker, der mich überraschenderweise ansprach und nach unserem Wochenende in San Francisco fragte. Ich sprach ein wenig mit ihm und verließ dann sogar das Wohnheim mit ihm, da er auch zur gleichen Zeit zum Campus musste. Er erzählte unter anderem von der Yoga-Klasse, die er besucht und von seinem Wochenende. Am PSAC (Pennington Student Achievement Center) verabschiedete ich mich von ihm. Wow, das kam unerwartet, kannten wir ihn doch als sehr ruhigen Zeitgenossen, der manchmal nicht mal "Hallo" sagt. Aber auch da sieht man mal wieder, man muss nur mit den Leuten reden. Die meisten sind gar nicht so komisch wie man denkt.

Leider kam ich ein wenig zu spät zu Muscle Hustle aber das war okay. Was folgte war aber die anstrengendste Stunde überhaupt. Wir machten nicht nur die normalen Übungen unten in der Free Training Area sondern sollten zwischendurch auch zweimal die Treppen hochlaufen und im 4. Stock eine Runde auf der Leichtathletikbahn laufen. Dazu kamen noch einige harte Übungen zum Schluss, sodass ich am Ende wieder mal richtig fertig war. Zurück in der Sierra Hall duschte ich daher erstmal ausgiebig und ruhte mich aus, bevor dann schon wieder Dinner anstand. Essen - Sport - Uni. Mehr mache ich hier eigentlich nicht. :D Ich musste aber langsam mal anfangen, mich auf die GIS-Prüfung am Donnerstag vorzubereiten. Daher ging es danach wieder in - ihr wisst es mittlerweile - Konferenzraum mit den anderen, wo Ema bereits drinsaß. Etwa die Hälfte von uns wollte lernen, aber die andere Hälfte unterhielt sich stattdessen (auf spanisch über spanische Wörter und Zungebrecher). Noise-Canceling-Kopfhörer sind schon was gutes! Das hatten die anderen leider nicht zu bieten und so gingen Diana und Reggy kurzerhand auf ihre Zimmer und Ema ging nochmal ins Fitnesscenter(!). Ich muss sagen, dass ich am irgendeinem Zeitpunkt auch mitgemacht hab bei dem ganzen Sprachenthema und ich es den anderen auch nicht übel nehme. So ist das eben, wenn man mit einer großen Gruppe abhängt. Als gegen 0 Uhr fast alle verschwunden waren, vervollständigte ich dann meine Fragen zur Prüfung und zu meiner Überraschung kamen auch Ema und Reggy wieder und wir redeten noch kurz und machten Hausaufgaben zusammen. Eine kleinere Gruppe ist da dann doch produktiver. Jap, und dann war Bettgehzeit. Chao!

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Musikempfehlung des Tages: Smash Mouth - Come On, Come On