04März
2021

Wanderlust

Ich habe spontan Lust einen Blogeintrag zu schreiben. Nichts wie los!

Seitdem wir uns wieder im 2. Lockdown befinden, verbringe ich sehr viel Zeit zuhause, alleine, vor dem Rechner, an meinem Handy. Und wenn es mal gerade nicht um die Masterarbeit geht, dann geht es bei mir meistens um eins: Die große weite Welt. Ich habe das schon letzten Sommer gemerkt. Als der Lockdown gerade frisch zu Ende war, konnte ich einfach nicht anders und musste raus. Raus in die weite Welt. Die bestand in diesem Fall situationsbedingt aus unseren Nachbarländern. Innerhalb von 4 Monaten besuchte ich Luxemburg, Frankreich, Belgien, die Niederlande, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Polen und einige Gegenden innerhalb Deutschlands. Und das im Pandemie-Jahr. Ich glaube das zeigt deutlich, wie viel mir das Reisen bedeutet. Und gerade dann, wenn man gerade nicht reisen kann, ist dieses Verlangen, mal rauszukommen wohl besonders groß. Ich vertreibe mir meine freie Zeit also oft damit, mir zukünftige Reiserouten auszudenken, Kosten in Erfahrung zu bringen, neue Regionen der Erde kennenzulernen und "weiße Flecken" auf meiner inneren Landkarte mit Wissen und Informationen zu füllen. Ich schaue mir YouTube-Videos von Travelbloggern an, die (meist eher unbekanntere) Orte vorstellen, Tipps für günstiges und sicheres Reisen geben und ihre allgemeinen Reise-Erfahrungen teilen. Ab und zu finde ich auch Videos von Leuten, die in recht unbekannten Gegenden wohnen und von ihrem Alltag dort erzählen, was ich unglaublich spannend finde. An dieser Stelle will ich kurz den Channel Yeah Russia erwähnen, auf dem eine Studentin (die ebenfalls ihr USA-Auslandssemester wegen Corona abbrechen musste) aus dem äußersten Osten Russlands auf witzige und realistische Weise von ihrem Alltag am trostlosen "Ende der Welt" erzählt. Ich würde nun am liebsten sofort ins Baltikum, nach Slowenien, nach Spanien, nach Russland, nach Mittelamerika, zur arabischen Halbinsel, nach Marokko, nach Chile und Argentinien, nach Washington und natürlich zu den verschiedensten abgelegenen Inseln der Welt aufbrechen. Ich habe mir sogar ein Profil auf der Travel-Plattform NomadMania angelegt, auf der man eintragen kann, wo man überall schon war und das dann mit anderen vergleichen kann. Aus den 1301 Regionen der Welt habe ich gerade einmal 66 und befinde mich damit auf Rang 7114. Dann sehe ich, wie viel die Leute an der Spitze der Rangliste schon gesehen haben und ich träume von einem Leben das nur aus Reisen besteht. Dann denke ich über die Kosten nach und über die Dinge auf die ich verzichten müsste und merke, dass das nicht sehr realistisch für mich ist. Aber mal so ein paar Jahre nur reisen..? Vielleicht wäre es auch gar nichts für mich, aber weiß ich das ohne es probiert zu haben? Corona zeigt uns ja, dass wir jede Chance am besten sofort nutzen sollten. Aber dennoch will ich ja auch andere Dinge im Leben. Aber welche genau? Und was will ich überhaupt vom Leben? Und da wären wir dann bei einer waschechten Existenzkrise angelangt. Ich habe mich in letzter Zeit immer wieder in solchen Fragen wiedergefunden - auch ohne den Reise-Kontext. Ich schiebe das auf jeden Fall auch auf die Corona-Krise. Nach allem was ich von Freunden mitbekomme, grübelt jeder gerade so ein bisschen über sein Leben nach und merkt vielleicht durch den aktuellen Mangel an Optionen, dass er eigentlich gerne dies und jenes viel lieber in seinem Leben hätte oder machen möchte. Ich denke, wir gewinnen alle gerade ein paar wichtige Erkenntnisse über unser Leben. Diese sollte man aufgrund der Krisensituation natürlich im Kontext sehen. Vielleicht sind sie zuweilen auch nicht mal richtig ernst zu nehmen. Aber dennoch können wir diese Erkenntnisse nach der Krise auf jeden Fall nutzen, um bedachter und zielstrebiger durchs Leben gehen. Die Einsicht, dass vieles im Leben nicht selbstverständlich ist, ist hier wohl das was uns alle verbindet. Ihr seht, wie schnell ich in diese sentimentale Richtung abgedriftet bin. Eigentlich habe ich das nie vor, wenn ich so einen Blogeintrag beginne. Aber das greift bei Themen die einem wichtig sind eben alles ineinander. Auf der Suche nach meiner eigenen Lebensphilosophie stellt das Reisen offenbar einen großen Faktor dar.

Um den Bogen zu schlagen: Ich glaube, dass mein Aufenthalt in den USA zu all dem entscheidend beigetragen hat. Ich habe gemerkt, welchen (positiven) Einfluss es auf mich hat, wenn ich mich in einer fremden Umgebung befinde. Ich war viel engagierter und aktiver als jetzt. Gut, das hängt natürlich auch viel mit Corona zusammen, aber ich denke das hätte ich auch ohne Pandemie so gesagt. Und so etwas vergisst man nicht so schnell und sehnt es sich in Zeiten wie diesen besonders herbei. Ob ich dieses Gefühl aus Reno auch wo anders reproduzieren kann, werde ich wohl nur herausfinden können, indem ich wieder losziehe... in die Ferne, raus aus Deutschland. Ich kann es kaum erwarten!

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Musikempfehlung des Tages: Big Wild - Awaken