02Februar
2020

Ein Tag wie kein anderer...

...der nächste kommt erst wieder in 101 Jahren. Heute ist nämlich der 02.02.2020. Das ist rückwärts das gleiche wie vorwärts, und zwar in allen Datumsformaten. Heute ist außerdem der 33. Tag des Jahres und es sind noch 333 Tage bis zum nächsten Jahr. Oh ja, so besonders ist der heutige Tag.

Aber der Tag war ja noch besonders wegen einer anderen Sache: Super Bowl, baby! Und der Plan war wie gesagt, diesen bei Kiki's Familie zu schauen, die uns spontan eingeladen hatte. Und die wohnt in Kalifornien. Die Fahrt dauert gut 1,5 Stunden und Anpfiff ist um 15:30 pazifischer Zeit also wollten wir um 12 Uhr losfahren. Eigentlich hatten wir gesagt, dass wir uns vorher noch zum mensen treffen, aber Peter und ich standen beide ziemlich spät auf und auch Reggy war noch nicht wach. Joaquin wurde außerdem von Kiki zu einem Sportgeschäft gefahren, sodass am Ende nur Diana und Aurora in die Mensa gingen, was Diana nicht ganz so cool fand. Aurora sagte dann auf einmal spontan ab, da ihr doch nicht ganz danach war und sie außerdem noch Hausaufgaben zu machen hatte. Also trafen wir uns um kurz nach 12 zu fünft vor der Sierra Hall mit Kiki und stiegen in ihren etwas älteren Toyota Highlander. Ich durfte für die Hinfahrt sogar vorne sitzen, während sich Reggy alleine die etwas enge Rückbank sicherte und sich die restlichen drei Leute leicht zusammengequetscht auf die Mittelbank saßen. Los ging die Reise!

Wir fuhren auf die Interstate 80 Richtung Westen und sobald wir aus Reno draußen waren, befanden uns quasi direkt im Gebirge. Kiki drehte ihre Musik laut auf und es gab eine Mischung aus spanischen Songs, Songs von Post Malone und älteren Pop-Songs. Schon nach etwa 10 Minuten passierten wir das "Welcome to California"-Schild. Welcome to the Sunshine State! Naja, so viel Sonnenschein gab es nicht, da die Wolken im Gebirge doch tief hangen. Wir fuhren an Truckee vorbei und über den Donner Summit, der auf etwa 2200m Höhe ü. NN. liegt. Es lag überall Schnee, aber die Straße war frei. Die Szenerie war echt schön, auch wenn man hauptsächlich verschneite Berge sah. Städte und andere Sehenswürdigkeiten liegen alle etwas weiter weg von der Interstate. Aber wir sahen den Donner Lake, wo im 19. Jahrhundert eine Truppe von Pionieren festsaß und ein Teil der Gruppe nur überlebte, weil sie in Kannibalismus verfielen. Außerdem sahen wir einen Abfahrtshang. Zum Skifahren ist das hier schon perfekt eigentlich. Wir hielten an einem Aussichtspunkt am Emigrant Gap an, wo wir eine schöne Aussicht auf ein Tal und auf die zugeschneiten Berge hatten. Danach ging es langsam bergab. Man merkte, dass das Wetter immer besser wurde und als die ersten Anzeichen von Zivilisation kamen, schien die Sonne von einem baluen Himmel auf uns herunter. California, here we are! Wir fuhren durch immer größer werdende Orte (einer davon hieß Weimar) und fuhren dann in Auburn raus. Wir wollten nämlich noch was einkaufen für den Nachmittag und gingen daher nochmal in den Save Mart. Wir holten Apple Cider, Bier, Eis und einen Schokoladenlikör. Außerdem hatten Peter und ich ja noch nicht viel gegessen, deswegen nahmen wir für uns und für Joaquin und Reggy Hähnchenteile mit, die direkt frisch im Supermarkt zubereitet wurden. Wie sich später herausstellte war das völlig überflüssig, aber woher sollen wir das wissen. Als wir wieder auf die Autobahn fuhren, sahen wir wie zwei Leute ihr Auto über die Kreuzung schoben, als die Ampel grün wurde. Ein Glück passiert ihnen das hier und nicht auf der Interstate. Wir fuhren noch etwa 10 Minuten und kamen dann in Newcastle an, wo Kiki rausfuhr.

Nach der Ausfahrt ging es gleich in eine kurvenreiche Seitenstraße und dann auch gleich eine Einfahrt hoch. Das Tor ging automatisch auf und wir fuhren auf das schon recht große Gelände. Das Haus von Kiki's Familie war einstöckig (bzw. Erdgeschoss mit Keller), aber sehr groß. Wir stiegen aus und wurden sofort von Kiki's drei Hunden und drei Katzen begrüßt (außerdem gab es auf dem Gelände noch einige Ziegen und Hühner). An der Tür warteten Kiki's Eltern, die sich freuten, dass so viele internationale Leute kamen. Es waren auch noch Kiki's Onkel und ihre Großeltern da. Ersterer war schon überall auf der Welt und war sogar geschäftlich schon einmal in Dresden, wo er auf der Bunten Republik Neustadt war. Die Welt ist schon klein. Alle in der Familie haben außerdem einen deutschen Hintergrund und auch einen deutschen Nachnamen. Kiki's Urgroßeltern waren offenbar Deutsche. Auch die anderen verstanden sich gut mit den anwesenden Leuten. Der Opa war wohl tatsächlich 100 Jahre alt und brauchte ein Hörgerät um uns alle zu verstehen. Er hatte außerdem damals im Korea-Krieg gekämpft und unterhielt sich kurz mit Peter über dessen Herkunft. Offenbar hatte er in Peter's Geburtsstadt gekämpft. Wie gesagt, die Welt ist klein. Der Onkel war außerdem schon einmal auf den Philippinen, was Reggy freute. Wir nahmen Platz und wurden sogleich mit Essen versorgt. Bzw. mit Essen überschüttet. Es gab eine Wurst- und Käseplatte, Tortillas mit Dip (viiiel Tortillas mit viiiel Dip) und selbst gegrillte Hähnchenschenkel. Und wir hatten ja sogar noch welche mitgebracht. Ich aß gleich los und beschloss, dass mir heute alles egal ist. Bevor das Spiel anfing schauten wir noch kurz in den Keller, der auch super schön eingerichtet war, auch mit Fernseher und allem. Hier hätten wir also auch schauen können, aber wir blieben am Ende die ganze Zeit oben bei den anderen.

Dann war es soweit: Der Super Bowl 54 aus Miami begann! Zuerst mit der Hymne von Demi Lovato, die sie so gut votrug, dass selbst ich Gänsehaut hatte. Der Einmarsch der Teams wurde phänomenal von The Rock angekündigt und der danach folgende Einspieler mit einem Kind das des Kickoff-Ball durch ganz Football-Amerika trug war sehr schön gemacht. Dann hieß es Kickoff und das Spiel der San Francisco 49ers gegen die Kansas City Chiefs war eröffnet! Ich sollte an dieser Stelle erwähnen, dass die komplette Familie durch und durch aus 49er-Fans besteht (bis auf den Vater, der eher Broncos-Fan ist). Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man die Nähe zu San Francisco bedenkt. Es ging los mit einer gefühlt recht schneller ersten Halbzeit, die aber sehr ausgeglichen war (10-10). Zwischendurch gab es noch etwas neues für mich als Deutschen: Super Bowl Commercials! Was in Deutschland eher durch nervige Parship- und Check24-Werbungen geprägt ist, ist in den USA eine Klasse für sich. Firmen produzieren Werbespots ausschließlich für den Super Bowl und lassen sich dabei ganz schön was einfallen. Kiki's Onkel hatte sogar die Regel aufgestellt, dass keiner während den Werbungen reden soll. Und es stimmt wirklich, die Werbungen waren echt fast alle witzig und voll mit prominenten Leuten, sodass jeder auf seine Kosten kam. In Erinnerung blieben mir Werbungen mit Jason Momoa, Lil Nas X und einem Hund, der vor Krebs gerettet wurde. Zur Halbzeit folgte dann aber gleich das nächste Highlight: Die Halftime Show mit Shakira und Jennifer Lopez! Wer die nicht gesehen hat, schaut sie euch an, denn es war nach einer langen Durststrecke endlich mal wieder eine coole Show. Gerade Shakira stahl allen die Show und es gab Überraschungsauftritte von Bad Bunny und J Balvin. Perfekt für eine Show im lateinamerikanisch geprägten Miami! Als das Spiel weiterging, gab es frisch gegrillte Rippchen mit scharfer Sauce und einen Whiskey-Drink für jeden. Verrückt! Außerdem ging die Sonne unter und uns bot sich eine einmalige Szenerie, vor allem Richtung Westen. In der Ferne konnte man eine kleine Bergkette sehen, die jetzt noch mystischer wirkte und die Skyline von Sacramento wurde ebenso in rot getaucht. Oh ja, hier lässt es sich leben! Während einige von uns rausgingen um das Spektakel zu erleben, blieb ich drin und schaute das Spiel weiter. San Francisco ging mit 20-10 in Führung und als es ins 4. Quarter ging, schien das Spiel für viele entschieden. Gerade Peter erinnerte ich aber immer wieder daran, dass das Spiel noch nicht vorbei ist. Wir hatten gewettet, wer gewinnt und ich tippte auf die Chiefs, er auf die 49ers. Der Verlierer zahlt dem anderen ein Essen. Und ich sollte recht behalten. Der Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes drehte auf einmal auf, erlief einen Touchdown und gab im Spielzug danach den Ball an Damien Williams ab, der zu noch einem Touchdown lief, der zwar eng war, aber nach meiner Ansicht auf jeden Fall einer war. In der Familie gab es da natürlich andere Ansichten. Es stand 20-24 mit noch etwa 3 Minuten zu spielen, aber die 49ers waren noch nicht geschlagen. Das änderte sich aber kurz danach, als die Chiefs nochmal eine Chance bekamen und Williams den Ball sofort gnadenlos in die Endzone lief. Keine Chance mehr für San Francisco! Ich freute mich innerlich und als der Coach Andy Reid seine Gatorade-Dusche bekam, machte sich unter den anderen Besuchern Ernüchterung breit. Das Spiel endete und die Kansas City Chiefs waren nach 50 Jahren wieder Super Bowl Sieger! Yes, go Chiefs! Sie haben es sich echt verdient! Und das sage ich nicht nur weil die Chiefs nach den Packers meine Lieblingsmannschaft sind. Kiki's Familie verabschiedete sich daraufhin von uns und wir blieben noch eine Weile. Wir schauten noch ein wenig America's Got Talent und kuschelten mit den Haustieren, die wirklich alle super süß und nett waren. Reggy wollte schon gar nicht mehr weg. Irgendwann war es dann aber auch an der Zeit. Wir verabschiedeten uns von Kiki's super netten Eltern und bekamen sogar noch zwei ganze Pizzen mit, die sie eigentlich noch machen wollten während dem Spiel, aber nicht mehr dazu gekommen sind. Sie sagten uns, dass wir jederzeit wiederkommen können und dass wir ab jetzt immer einen Schlafplatz in Kalifornien haben. Wir setzten uns in Kiki's Highlander und auf ging es nach Westen. Äh, Westen?

Ja, denn wir bekamen kurzfristig eine Nachricht von Brooke, die zuhause bei ihren Eltern in Rocklin ist und sich mit uns treffen wollte, wenn wir schon mal in der Nähe sind. Wir fuhren also die 10 Meilen nach Rocklin und trafen uns mit Brooke in einem Frozen Yoghurt-Laden, in dem wir uns alle noch Eis holten. Wir saßen uns draußen am Rande des Parkplatzes hin und quatschten noch etwas. Als es schon 21 Uhr war, wollte die Ladenbesitzerin zumachen und scheuchte uns quasi weg, was uns aber ganz gelegen kam. Es wurde echt Zeit nach Hause zu fahren. Aber da gab es noch eine Sache: Wir hatten unseren Schokoladenlikör vergessen. Kiki fuhr also kurzerhand nochmal bei ihren Eltern in Newcastle vorbei und sie gaben uns sogar unsere restlichen Cider-Flaschen mit, die wir eigentlich als Geschenk da lassen wollten. Sie sagten allerdings, dass sie das eh nicht trinken und bestanden drauf, dass wir die Flaschen wieder mitnehmen. Damit verabschiedeten wir uns dann endgültig und fuhren ostwärts wieder auf die I-80, wo wir dann aber gleich wieder abfuhren, da Kiki noch tanken musste. So, nun ging es aber los! Ich saß diesmal in der mittleren Reihe links neben Peter und Diana. Das war ein wenig unbequemer, aber für die 1,5h-Reise ging das schon. Wir fuhren immer weiter ins Gebirge hinauf und kurz vor dem Donner Summit wurden die Konditionen auf einmal rauer. Die Fahrbahn war anfangs nur ein bisschen mit Schnee bedeckt, später aber fast ganz. In Deutschland wäre das immer noch kein allzu großes Problem (es gab ja keinen Schneesturm etc.), allerdings kennt man in den USA (oder immerhin in Kalifornien) keine Winterreifen. Fährt man also keinen Monster-Jeep, fährt man hier das ganze Jahr über mit Sommerreifen. Deswegen gab es auch auf einmal überall Warnungen, dass man bitte Schneeketten anlegen soll. Das ist hier offenbar die Lösung für das Winterreifen-Problem. Kiki hatte Schneeketten dabei, meinte aber, dass das schon so okay ist. Andere Autos hatten größtenteils auch keine Ketten dran, auch wenn wir sogar durch eine Kontrolle kamen und gesagt bekamen, wir sollen sie anlegen. Wir schlichen die geschätzt 30 Meilen im vollgeschneiten Hochgebirgspass mit etwa 50km/h dahin, so wie die Mehrzahl der anderen Autos auch und kamen so auch erstaunlich gut durch. Kiki hatte damit schon Erfahrungen, da das hier im Winter naturgemäß öfters passiert. Wir hielten allerdings zwischendurch nochmal an einer Tankstelle kurz vor Truckee an, um die Scheiben zu säubern, die mittlerweile recht dreckig geworden sind. Ich stieg kurz ohne Jacke aus und die -10°C fühlten sich zunächst ganz erfrischend an, was aber schnell in klirrende Kälte umschlug. Wir fuhren weiter und kamen langsam wieder in Nevada an. Uns allen war langweilig und vor allem Peter ließ uns das mit nervigen Beschäftigungen spüren. Als wir aus dem Gebirge rauskamen, waren die Straßen endlich wieder normal und Reno begrüßte uns mit einer bunt schimmernden Skyline. Wir parkten einen Block entfernt von der Sierra Hall (Kiki hatte keinen Pass für's Parkhaus, der würde nämlich 300$ pro Semester kosten) und liefen dann noch durch leichten Schneefall hoch zu unserem Wohnheim. Das war er also, der erste etwas andere Tag. Ein klasse Super Bowl, eine gastfreundliche Familie und atemberaubende kalifornische Landschaften! Mehr braucht es nicht. :D Wir gingen gegen 23:30 Uhr auf unsere Zimmer, wo ich noch einen Podcast hörte und Peter noch eine Hausaufgabe für morgen erledigte. Er musste wohlgemerkt um 7 Uhr aufstehen, da seine Klasse um 8 Uhr begann. Ich bin gespannt, was die nächste Woche so bringt! Macht es gut Leute und Go Chiefs!

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