18Januar
2020

Was sollen wir nur essen?

Dieser Tag begann wieder mal entspannt. Entspannt aufgestanden, entspannt geduscht und dann entspannt eine Zeit zum Treffen mit allen anderen die Lust hatten ausgemacht. Wobei naja, so entspannt war letzteres dann doch nicht, da Diana schon um 10 Uhr Hunger hatte aber Reggy erst um 12 Uhr aufgestanden ist. Aber dann trafen wir uns doch noch (Diana, Reggy, Peter und ich). Der Plan war, sich heute das Frauen-Basketballspiel anzuschauen, was um 14 Uhr begann. Vorher wollten wir noch was essen gehen, also standen wir wieder vor einer Entscheidung: wohin? Mittags sollte das aber noch halbwegs klappen, da Diana einfach zwei Läden vorschlug. Wir entschieden uns für Archie's, einem Burgerladen, der damit wirbt, die besten Burger Nevadas zu machen (offenbar gewählt von den Leuten). Naja, schauen wir mal. Wir fuhren mit dem Bus, der zufällig gerade kam, ganz an den Nordwestrand des Campus und saßen uns in das gut gefüllte Lokal. Jeder bestellte einen Burger. Alle Burger waren "Giant Hamburgers", außer der von Reggy, das war nämlich ein "Not So Giant Hamburger" und war nur halb so groß, aber kostete trotzdem nur 1$ weniger. Ich bestellte einen mit Mushrooms und "unlimited" Dr. Pepper. Auch das kostete mich am Ende fast 20$ (inkl. Trinkgeld), aber das war es wert. Der Burger war richtig gut und die Pommes dazu auch. Die Portion war auch passend für den Preis und der Laden wirkte freundlich. Ob es der beste Burger in Nevada ist sei mal dahingestellt. Gibt ja noch viel zu probieren!

Anschließend gingen wir zum Basketballspiel, wo wir auf Aurora trafen und eine Minute zu spät ankamen. Vor der Halle war es aber erstaunlich leer und der Studenteneingang war geschlossen. So mussten wir zum normalen Haupteingang gehen, wo wir aber normal reingelassen wurden. Innen sahen wir dann warum das so war: Es waren sehr wenige Zuschauer da. Im Nachhinein waren es wohl etwa 1.250 Leute, also nur jeder zehnte Platz war besetzt. Was auf den ersten Blick etwas traurig wirkte, bot aber auch gute Möglichkeiten. Wir konnten uns sehr gute Plätze sichern, bekamen alles mit und die Stimmung war trotzdem recht gut. Die Marching Band war da, die Cheerleader auch (sogar mehr wie beim Männer-Spiel) und das Spiel war auch spannend. Also, let's go: Nevada gegen San Diego State! Es war von Anfang an ein enges Match. Zwischendurch konnte sich sowohl Nevada als auch San Diego State kurz absetzen, aber beide wurden immer wieder eingeholt. In den Pausen und bei den Dreipunkttreffern wurden wieder T-Shirts in die Menge geworfen, von denen vor allem Diana unbedingt eins wollte. In einer Pause schrien wir laut, dass uns die Jungs des Cheerleading-Teams hören konnten und wir bekamen ein Shirt zugeworfen, das zwar wieder Aurora fing, aber es sofort an Diana weiterreichte. Auch wenn es Größe L war, freute sie sich total. :D Wolfie Jr. war übrigens auch wieder da und setzte sich sogar mal kurz zu uns. Ich glaube zumindest Aurora kannte er noch. Sie ist auch schwer zu vergessen. :D In der Halbzeitpause wurde das alte Frauenteam von 1976/77 geehrt und sogar ein Banner in der Halle enthüllt. Das Team war damals offenbar Conference-Sieger geworden und hat alle Spiele gewonnen bis auf eines - das gegen den späteren National Champion. Das ist schon eine Leistung! Lustiger Fun Fact übrigens: Die Trainerinnen beider Mannschaften trugen High Heels das ganze Spiel über. Ich meine, ist ja an sich okay, aber ist es so nicht viel schwiergier an der Seitenlinie rumzulaufen? Kommen wir wieder zum Spiel, denn das wurde in der Endphase wieder mal ein Nagelbeißer. Die Führung wechselte stetig und drei Minuten vor Ende stand es durch einen Dreipunkttreffer 67-68 für Nevada (der gleiche Score wie bei den Männern neulich übrigens). Dann folgte ein Foul und San Diego State nutzte beide Freiwürfe: 69-68, also Führungswechsel. Nun waren noch 2 Minuten zu spielen und es ging hin und her - aber irgendwie verfehlte jeder auf beiden Seiten. Es wurden unzählige Auszeiten genommen. 25 Sekunden vor Ende bekam Nevada dann den Ball. Da ein Team 30 Sekunden hat um zu scoren, hieß es jetzt alles oder nichts. Der Ball war hart umkämpft bis Nevada irgendwann unter den Korb kam und eine Spielerin hochstieg - vorbei! Aber immer noch Ballbesitz Nevada. Gleich noch ein Versuch - vorbei! Wieder konnte keine der San Diego State-Spielerinnen den Ball fangen. Also noch ein Versuch von Nevada - wieder vorbei! Es war nervenaufreibend. Alle drei Versuche passierten übrigens innerhalb von gut 5 Sekunden. Es war ein regelrechtes Gedränge unter dem Korb. Es waren noch 3 Sekunden auf der Uhr und man glaubt es kaum, aber Nevada konnte den herabfallenden Ball wieder sichern und hatte somit noch einen Versuch. Und im Fallen warf eine Spielerin den Ball irgendwie nach oben - drin! 69-70 für Nevada! Was zum Teufel? Die unterbesetzte Halle tobte als wäre sie voll ausgelastet. Aber Moment, es waren ja noch 3 Sekunden auf der Uhr. San Diego State nahm ein Timeout und hatte ja jetzt den Ball. Eine Spielerin startete von der Seitenlinie und kam aber nicht an der Nevada-Spielerin vorbei. Ein Foul wurde gepfiffen und San Diego State hatte immer noch den Ball bei gerade einmal 0,9 Sekunden. Anpfiff, Wurf, daneben! Die Nevada-Spielerin, die heute auch noch Geburtstag hatte, sicherte den Ball und das Spiel war vorbei. 69-70 und wieder ein Ein-Punkte-Sieg für Nevada! Wahnsinn, ob das meine Nerven nochmal mitmachen? Eine mega Schlussphase! Es hatte sich auf jeden Fall gelohnt, hier heute hinzugehen. Und ganz ehrlich, auch wenn man einen Unterschied in der Spielweise sah, das Frauen-Spiel stand dem Männer-Spiel in Sachen Spannungsmomenten in nichts nach.

Wir verließen das Stadion und gingen wieder Richtung Sierra Hall. Aurora wollte dort bleiben und so traf sich der Rest ohne sie nach 10 Minuten wieder um irgendwo Kaffee trinken zu gehen und evtl. etwas einzukaufen. Wir liefen in Richtung Save Mart und lernten auf dem Weg eine Gegend kennen, die viele Verbindungshäuser beherbergte. Bei einer Fraternity war wohl heute auch eine Veranstaltung, da sich einige Jungs in Anzügen vor dem Anwesen (das kann man in dem Fall wirklich so bezeichnen) unterhielten. Mal sehen ob ich in diese Welt noch eintauchen werde. Ein bisschen komisch finde ich es schon, aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, wer weiß? Angekommen am Keystone Square entdeckten wir Raley's, einen Supermarkt in dem Studenten wohl irgendwie Rabatte bekommen können. Später stellte sich heraus, dass man sich dafür wo anmelden muss. Aber dementsprechend viele junge Leute waren im Laden anzutreffen. Er war ziemlich groß, es gab viel Auswahl und die Preise waren auch okay. Insgesamt machte der Laden einen so guten Eindruck auf uns, dass wir uns entschieden hier öfters hinzukommen. Die Mädels kauften sich ein Waschmittel und als die Kassierin an der Kasse uns als Deutsche erkannte, fragte uns ein Herr hinter uns "Wie viel Uhr ist es?" auf Deutsch. Sehr amüsant! Zum Save Mart mussten wir also nicht mehr und für den Kaffee entschieden wir uns einfach für den Starbucks gegenüber, anstatt noch zu McDonald's zu laufen. Der Starbucks war erstaunlich voll und viele Plätze waren von Leuten mit Laptops und Kopfhörern besetzt. Ich bestellte einen Vanilla Bean Cream Frappucino, der echt gut war. Wir laberten ein wenig und gingen dann irgendwann den Weg in der Dunkelheit wieder zurück. Im Dunkeln sehen irgendwie alle Wohngebiete in den USA etwas zwielichtig aus, daher fühlt man sich immer etwas komisch. Aber es gibt gefährlichere Gegenden und wir waren ja zu viert, also geht das klar. Sonst haben wir ja auch keine anderen Möglichkeiten.

Zurück in der Sierra Hall traf Peter einen Typen aus seinem Programm. Es war Joaquin aus Chile, den wir sofort einluden, sich mit zu uns zu gesellen. Wir wollten nämlich noch etwas essen und gingen zur Beratung in einen Aufenthaltsraum im 4. Stock, der eigentlich aussah wie ein Konferenzraum mit einem großen Tisch, vielen Stühlen und einem Whiteboard. Joaquin kann noch nicht so gut Englisch und ist hier um es zu lernen, er macht quasi ein Sprachsemester. Er hatte aber vorher auch schon mal ein Jahr in Bonn gelebt und konnte daher noch ein bisschen Deutsch. Und da ich ja auch mal ein bisschen Spanisch gelernt hatte, hatten wir noch eine dritte Sprache in der wir uns verständigen konnten. Aber in allen leider nicht flüssig. Hatte aber auch was, mal ein bisschen Spanisch wieder rauszukramen und jemandem beim Englisch lernen zu helfen. Während Peter und ich mit Joaquin sprachen, machten die Mädels ihre Wäsche. Wir erwähnten immer wieder, dass wir uns endlich entscheiden müssen, was wir essen wollen. Das wurde immer wieder verschoben, hinausgezögert, auf jemand anderes abgewälzt oder einfach um den heißen Brei herumgeredet. Am Ende war die Waschladung fertig und wir wussten es immer noch nicht. Ab und zu wagte es jemand, eine Aussage zu tätigen: Kein Burger, kein Sandwich, lieber liefern lassen, etc. Dann hieß es aber wieder, dass wir doch rausgehen könnten. Nach über einer Stunde entschieden wir uns für Roberto's Tacos, wo wir mit Aurora neulich waren. Es liegt nahe, man kriegt auch kleine und günstige Sachen und alle waren damit einverstanden. Also liefen wir zu fünft noch schnell zwei Blocks weiter und bestellten. Ich nahm ein Quesadilla mit Käse, Reis und Bohnenpüree. Dazu noch ein "unlimited" Dr. Pepper für insgesamt gut 6$. War auf jeden Fall okay. Joaquin konnte mit den Angestellten natürlich Spanisch reden und hat sich gleich mal erklären lassen, welche US-Münze wie viel wert ist. So lange ist er nämlich noch nicht hier. Am Tisch redeten wir wieder über Sprachen und kamen dabei auch drauf, dass die Chilenen besonders schnell und unverständlich sprechen und sich im Philippinischen viele Wörter vom Spanischen ableiten. Kolonialismus ist schon eine verrückte Sache. Wir gingen wieder in die Sierra Hall und verabredeten uns für morgen. Morgen wird allgemein wieder ein spannender Tag: die beiden NFL-Playoff-Halbfinals stehen an und vor allem ziehen alle Amerikaner wieder zurück in die Dorms. Das heißt, dass es endlich lebhafter wird auf dem Campus und in der Sierra Hall, aber auch dass wir endlich unseren dritten Mitbewohner Parker kennenlernen werden. Wir (und natürlich auch ihr) dürfen also sehr gespannt sein!

Während ich diesen Blogeintrag schreibe hat mein Mitbewohner Peter übrigens mit seiner Familie in Südkorea gevideochattet. Und da seine Familie mich gerne mal sehen wollte, habe ich auch kurz "Hallo" (bzw. 안녕하세요) gesagt! Sehr nette Eltern und einen schüchternen Bruder hat er. War ziemlich lustig! Ich glaube ich muss irgendwann auch mal skypen und dann kann meine Familie sich nett mit ihm unterhalten! :P

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Musikempfehlung des Tages: Michael Jackson - Don't Stop 'Til You Get Enough