01April
2020

24 Jahre - Ein Geburtstag den ich nie vergessen werde

Falls es Blogleser gibt, die mir nicht super nahestehen: Ja, am 1. April ist mein Geburtstag! Es ist Fluch und Segen. Die Leute denken man scherzt mit ihnen aber sie merken es sich meistens. Und ja, ich werde heute 24 Jahre alt. Fühlt sich für mich noch nicht richtig an, aber das wird schon noch kommen. Ich tendiere dazu, mich jünger zu fühlen als ich bin (wie so viele Leute). Vielleicht will ich es auch nur nicht wahr haben, aber da gehen wir jetzt zu weit in meine Psyche. :D

Ich will ehrlich sein, hätte mir jemand an Neujahr gesagt, dass ich meinen Geburtstag heuer nicht in Reno feiern werde, sondern in Isolation bei meiner Familie in Marktredwitz, hätte ich die Person wohl für verrückt gehalten. Vielleicht hätte ich auch ein wenig Angst bekommen, denn das hieße, dass irgendwas schief gelaufen ist. Und genau das ist es ja auch - eine weltweite Epidemie legt das ganze Alltagsleben lahm, Leute befinden sich in Quarantäne, in den Nachrichten nur noch Panik, keine großen Events mehr, jeden Tag neue Fallzahlen, alles läuft nur noch online, jeder soll zuhause bleiben - und inmitten dieses ganzen Wahnsinns liegt zufällig mein Geburtstag. Den hatte ich ursprünglich viel spannender geplant. Ich hatte überlegt, meine Freunde in Reno mit in ein deutsches Lokal zu nehmen (davon gibt es sogar mehrere) und danach hätten wir es irgendwo in Downtown so richtig krachen lassen. Wie man es eben machen würde, wenn man in seinem Auslandssemester in den USA Geburtstag hat. Na gut, es ist ein Mittwoch, also hätten wir das vielleicht auf das Wochenende verschoben, aber dennoch. Ich hatte mich sogar schon auf die Geschenke meiner Freunde gefreut. Die hatten sich für Joaquin und auch für Madi einiges einfallen lassen. Hätte mich schon gereizt zu sehen, was sie sich für mich hätten einfallen lassen. :D

Aber lassen wir die Traumvorstellungen. Vielleicht glorifiziere ich den Tag auch ein bisschen zu sehr. Wir werden es nie erfahren. Und sonst werde ich nur wieder zu sentimental. Ich saß nun also in meiner Selbst-Quarantäne und musste mir irgendwas für den großen Tag überlegen. Meine Familie versuchte, es mir so angenehm wie möglich zu machen. Soweit das aus der Ferne eben geht. Ich durfte mir zwei Lieblingsessen wünschen und bekam einen leckeren Käsekuchen gebacken. Spezielle Geschenke hatten sie nun aber auch nicht vorbereitet, da alles so kurzfristig kam. Naja, aber Geschenke sind ja auch nicht das wichtigste. Das was mir am meisten an diesem Tag fehlen wird sind meine Freunde bzw. allgemein Leute die mir nahestehen, dachte ich mir. Und wie kann ich das in meiner Situation ändern? Natürlich: Videochats! Schon in den letzten Tagen in Reno teilte ich den anderen mit, dass das das einzige ist, was ich mir für meinen Geburtstag so richtig wünsche. Dass wir, wenn wir ihn schon nicht zusammen in Reno feiern können, ihn wenigstens virtuell zusammen feiern. Das war aber leichter gesagt als getan. Die Tage vor dem 1. April versuchte ich herauszufinden, welche Zeit dafür am besten passt. Ein paar Leute befinden sich in Europa, ein paar in den USA, ein paar in Ostasien. Irgendwo wird es also immer Morgen sein und irgendwo anders Abend. Als dann auch noch Joaquin bekannt gab, dass er spontan nach Chile zurückfliegt, kam noch eine weitere Zeitzone hinzu. Wir diskutierten in unserer WhatsApp-Gruppe, was jeder bevorzugt. Am Ende konnten wir uns auf zwei Zeiten festlegen: 9 Uhr morgens und 1 Uhr nachts (mitteleuropäische Zeit). Na schauen wir mal ob das was wird.

Heute an meinem Geburtstag stand ich tatsächlich kurz vor 9 Uhr auf (was aktuell komplett gegen meinen Schlafrythmus geht) und erstellte ein Zoom-Meeting. Zoom ist das Programm, das nun für alle Online-Klassen verwendet wird und das sich auch für solch einen Zweck anbietet. Im Gegensatz zu Skype muss sich nicht jeder anmelden und es gibt einige nette Funktionen, aber Skype ist wohl insgesamt unkomplizierter. Naja, lassen wir das technische Gelaber. Ich ging online und nach und nach kamen die meisten meiner Leute aus Reno dazu. Peter meldete sich aus seinem Hotelzimmer, Reggy aus ihrem Zimmer bei ihren Eltern, genau wie Diana und Jiwon, Kiki aus dem Keller in dem wir damals alle übernachtet hatten, Aurora aus dem Haus ihrer Gastfamilie und Daniel aus seinem Zimmer in der Sierra Hall. Es klingt verrückt, aber es fühlte sich gleich wieder so an, als würden wir alle im Konferenzraum zusammen abhängen oder so ähnlich. Wir tauschten uns über alles mögliche aus, jeder erzählte was in den letzten paar Tagen so passiert ist und es wurde auch ein wenig rumgealbert. Die Amerikaner verabschiedeten sich recht früh, da es bei ihnen Nacht wurde. Die meisten anderen blieben aber länger und am Ende chatteten wir über 4 Stunden(!). Gegen 13 Uhr kam Ema sogar noch kurz hinzu, die aufgrund des Jetlags so lange geschlafen hatte. Ist für mich nur nachvollziehbar, da das aktuell auch mein Schlafrythmus ist. Gegen 13:30 Uhr war das Ganze dann vorbei. Es hätte nicht besser losgehen können. Ich bekam im Anschluss gleich das Mittagessen hochgebracht (Gulasch mit Reis). Perfekt! Auch einige Geschenke hatte ich bekommen, darunter ein Hostel-Gutschein von meiner Schwester, den ich immer gut gebrauchen kann. :) Dann wagte ich zusammen mit meiner Mutter und meiner Schwester etwas, was aktuell schon fast kriminell klingt: Wir gingen zusammen spazieren! Natürlich stets 2 Meter auseinander, was sich zwar etwas komisch anfühlte, aber ziemlich gut funktionierte. Das Wetter war super und ich konnte mich endlich mal persönlich mit meiner Familie austauschen, was die letzten Tage ja sonst nur über den Alexa-Lautsprecher in meinem Zimmer möglich war. Wir kamen wieder zurück und ich bekam Käsekuchen nach oben geliefert, den ich virtuell über Skype mit der Familie aß. Dann bekam ich Anrufe von anderen Freunden und Familienangehörigen. Zwischendurch hatte ich unzählige Nachrichten zu beantworten auf den verschiedensten sozialen Netzwerken. Gegen Abend hatte ich mich dann noch mit anderen Freunden aus Dresden zu einer Zoom-Konferenz verabredet. Es gibt ja nicht nur die Reno-Leute. Inmitten dieses Videochats bekam ich dann das Abendessen geliefert: selbstgemachte Burger, natürlich ganz USA-Style. Und ganz ehrlich, die stehen den meisten Burgern in den USA in nichts nach! Ich war aber ganz schön voll nach dem ganzen Essen heute. So soll es ja aber auch sein! :D Ich ruhte mich dann zum ersten Mal am Tag ein bisschen aus und hatte dann eine nicht ganz so doofe Idee: Schlafen. Ich hatte mich ja nochmal um 1 Uhr nachts mit den anderen verabredet und da ich schon etwas müde wurde, stellte ich mir einfach den Wecker und schlief 1,5 Stunden. Pünktlich wachte ich wieder auf und es ging direkt in die nächste Zoom-Konferenz. Diesmal waren sogar auch Brooke und Joaquin (der inzwischen sicher in Chile gelandet war) mit dabei und während Ema diesmal pünktlich und hellwach war, kam Reggy erst Stunden später dazu. Diesmal war es eben Morgen in Asien. Schon verrückt, wenn man so drüber nachdenkt. Da setzt man sich einfach hin, klappt den Laptop auf und spricht mit 10 Leuten die über den ganzen Globus verteilt sind. Ist alles möglich heutzutage. Während Diana schnell müde wurde und auch Brooke, Joaquin, Daniel und Aurora den Chat nach einiger Zeit verließen, zeigten die Asiaten mehr Ausdauer und Ema bewies, dass sie angesichts ihres Schlafrythmus nicht gelogen hat (sie hatte sogar eine Online-Klasse um 4 Uhr, die sie dann besuchte). Ich glaube kaum, dass ich das hier schreibe, aber ich verließ das Meeting um etwa 5:50 Uhr. Keine Sorge, das ist auch für mich unheimlich spät, aber heute war das okay. Wachzubleiben ging trotzdem erstaunlich gut. Das kommt davon, wenn man nicht gegen den Jetlag ankämpft. Dann ging es aber auch gleich ins Bett.

Fassen wir also zusammen: 4,5h morgens + 2h abends + 4,5h nachts macht insgesamt 11h Videochat! Dann habe ich ja noch etwa ein bis zwei Stunden telefoniert und geskypt und den Rest des Tages entweder gegessen, draußen mit der Familie die Sonne genossen oder Nachrichten von Freunden beantwortet. Es gibt auch schlimmere Geburtstage. Ich habe heute bestimmt so viel Kontakt zu Freunden und Familie gehabt, wie sonst noch nie. Wann kann man das schon mal behaupten? Mir wurde auf jeden Fall nicht langweilig. Und vielleicht ist das auch der Vorteil der aktuellen Situation. Jeder hat auf einmal Zeit und Lust, sich mit anderen Leuten wieder zu connecten. Jeder merkt so ein bisschen, dass genau das gerade fehlt, habe ich das Gefühl. Und das ist vielleicht auch der große Gewinn, den wir aus dem Ganzen mitnehmen sollten. Dass wir soziale Kontakte besser pflegen und uns einfach öfters mal melden sollten. Das hat auf jeden Fall dazu geführt, dass mein Geburtstag heute viel angenehmer war, als ich es mir vorher ausgemalt hatte. Nicht nur wegen der einmaligen Situation, sondern auch deswegen war es ein Geburtstag, den ich wohl nie vergessen werde! :)

Ups, heute war ich offenbar mal wieder richtig ausschweifend. Wenn man mal im Flow ist, schreibt man eben mal ein paar mehr Absätze. Hier ging es jetzt außerdem nur wenig über Reno, aber ich hoffe meine Leser verzeihen mir das. Indirekt gehört es ja zur Erfahrung mit dazu. :) Ich melde mich bald wieder! Und wie schon gesagt, schaut in die alten Einträge rein, die werden bald alle geupdatet!

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