11März
2020

Apocalypse Now

Normalerweise gehe ich mittwochs ja immer ins Fitnesscenter, aber heute war ich so müde, dass ich einfach bis 11 Uhr durchschlief und meinen Tag mit "The Den" startete. Dort erfuhr ich leider, dass Reggy's Eltern ihr Hotel und ihren Flug storniert haben, da sie nicht wollen, dass sie nach Los Angeles fliegt (Coronavirus natürlich). Somit ist der ganze Los Angeles-Plan im Eimer und meine unoffiziellen Spring Break-Pläne auch. Klasse, aber mal sehen, wir werden doch wohl was finden, was wir tun können.

Nach fast 2 Stunden Rumsitzen in der Mensa ging ich dann in die Bibliothek um an der Climatology-Präsentation für morgen weiterzuarbeiten. Ich änderte noch ein bisschen was und formulierte meine Notizen für alle Parts, weil wir uns noch nicht entschieden hatten, wer was sagt. Mehr schaffte ich auch nicht, da um 16 Uhr schon wieder das Geography Colloquium losging. Heute war Anqi Xu von der University of Louisville da, die über die Zusammenhänge von Migrationsbewegungen und Grundstückspreisen sprach. Offenbar gibt es viele modelle, die den räumlichen Aspekt nicht berücksichtigen und so steigt in vielen Countys der USA sogar der Grundstückspreis, wenn sich eine Migrationsbewegung erstmal etabliert hat. Sie war schneller fertig als geplant aber die Fragerunde schien nicht aufzuhören. Am Ende stellte sich heraus, dass die Uhr im Raum zwischendrin einfach kaputtgegangen war und es eigentlich schon 16:55 Uhr war. Also doch recht pünktlich!

Ich begab mich danach in die Sierra Hall, um mich fertig zu machen. Mittwochs finden nun nämlich auch immer Tennistrainings statt und ich hatte Lust zu gehen, um meine Gedanken frei zu bekommen. Kurz vorher klärte ich noch mit meinen Präsentationspartnern von Climatology (Miguel und Destiny), wer was sagt. Miguel stellte daraufhin seinen Part nochmal ein bisschen arg um aber okay, soll er ruhig. Etwas verspätet wurde ich von Chris in seinem großen Truck abgeholt, diesmal ganz alleine. Wir unterhielten uns über das Corona-Virus und welche Folgen es potentiell haben kann, oder auch schon hat. Er erzählte mir, dass er wohl ein bisschen mit Aktien gehandelt hat und wegen der ganzen Krise nun einiges an Gewinn gemacht hat. Außerdem sprachen wir über Verschwörungstheorien der Chinesen und so weiter. Alles Unfug, aber Witze machen ist aktuell wohl das Beste. :) Wir kamen am Plumas Tennis Center an. Dort war nur Andy zu sehen, aber nach und nach trafen zumindest Bilal und Trenner (schreibt man das so?) ein und nach 30 Minuten auch Amy. Wir spielten uns lange ein, begannen dann aber mit einem Match. Im Doppel mit Trenner verloren wir klar mit 6:1 gegen Amy und Bilal. Es war knapper als es aussah, aber unsere Unforced Errors waren heute einfach peinlich. Während des Doppels ging die Sonne unter und ließ die Tennisanlage kurz in rot erstrahlen. Danach war es dunkel und die spärlichen Flutlichter gingen an. Man konnte den Ball gar nicht mehr richtig erkennen, aber es war noch okay. Ist eben keine Night Session wie in Flushing Meadows. Ich spielte im Anschluss noch ein Einzel mit Amy, die genau wie Chris und Andy am Wochenende nach Las Vegas zu einem Turnier fährt. Ich konnte gut mithalten, musste mich am Ende aber mit 4:2 geschlagen geben. Weiter kamen wir nicht, da ich mit Christopher wieder zurück musste. Er war ja meine Mitfahrgelegenheit. Wir stiegen ins Auto und Chris erzählte mir sofort von den Neuigkeiten: Alle Flüge von Europa in die USA sind ab sofort gestrichen. Wow, das traf mich irgendwie. Es wird nun ernst. Oder eher: Es ist bereits ernst geworden. Er telefonierte kurz mit seiner Mutter, die auch über Nikki sprachen (ich wusste, dass die beiden ein Paar sind!). Sie wäre wohl morgen nach Island geflogen zu einem Tennis-Turnier. Geht nun nicht mehr. Wir konnten es kaum fassen. Wir lasen außerdem davon, dass die NBA ihre Saison vorzeitig beendet, da ein Spieler von Utah Jazz positiv getestet wurde. Eine andere Meldung ließ verlauten, dass Tom Hanks ebenfalls den Virus hat. Es ist auf eine Weise unbegreiflich. Als wäre das der Beginn eines Katastrophenfilms. Wir beide waren uns einig, dass dies eine Zeit ist, an die wir uns bis an unser Lebensende zurückerinnern werden. Nicht nur durch unsere Erfahrungen. 2020 wird als das Corona-Jahr in die Geschichtsbücher eingehen. Es ist einfach nur noch verrückt. Die Atmosphäre in der ganzen Stadt schien mir auf einmal anders, als wir so durchs dunkle Reno fuhren. Vielleicht war das aber auch nur Einbildung. Chris setzte mich vor dem Jot Travis Building ab. Hoffentlich sehen wir uns nach Spring Break nochmal zum Tennis-Training.

Ich kam in meinen Tennisklamotten in die Mensa, wo einige der anderen schon saßen. Es gab natürlich nur ein Thema. Alle waren... naja, nicht schokiert aber bedrückt. Wir ahnten alle, dass das für den Rest des Semesters nichts gutes bedeuten wird. Warten wir aber erstmal ab. Außerdem sind ja auch noch Hausaufgaben zu machen. Wir gingen in den Konferenzraum im 5. Stock, da der andere durch die RA's blockiert war. Der war erstaunlich voll mit unbekannten Gesichtern. Natalie vom Tennisclub war auch da. Wir setzten uns hin und machten erstmal ruhig unsere Hausaufgaben. Vorher hatten Peter und ich noch Wäsche in die Waschmaschine geworfen. Wir mussten also zwischendurch mal weg um die Sachen in den Trockner zu tun. Als wir zurückkamen lag einer der Tische seitwärts auf dem Boden. Laut Kiki hatte Ema einfach genug vom Lernen und hat ihn daraufhin umgeworfen. Ich glaube dem Ganzen nicht so recht, aber ich habe auch keinen Gegenbeweis. Wir stellten den Tisch wieder hin und versuchten, uns weiter auf unsere Hausaufgaben zu konzentrieren. Ich war mit der Vorbereitung auf die Präsentation fertig und musste eigentlich noch meinen Vulkankegel-Python-Code zu Ende schreiben. Leider kam ich nicht weiter und hatte am Ende auch irgendwie keine Kraft mehr, mich ernsthaft darum zu kümmern. Die ganze Corona-Sache ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich weiß, dass Scott gottseidank recht entspannt mit unseren Hausaufgaben umgeht, also muss ich mir keine Sorgen machen. Dennoch will man ja keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Aber ich schaffte es heute wirklich nicht mehr. Dann soll es eben so sein. Das Bett rufte mich und leider schlief ich mal wieder viel zu spät ein. Vielleicht machte ich mir einfach zu viele Sorgen. Wer weiß schon, was morgen passiert?

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