23Januar
2020

Graduate Students und Internationals

Heute musste ich wieder früh um 9 Uhr zum Climatology-Kurs, was ich gerade so schaffte, da ich beim letzten Wecker um 8:20 endlich aufstand. Ich setzte mich an eine andere Stelle als letztes Mal und wurde von einer Studentin namens Justice angesprochen, die wohl mehrere Jahre in Rheinland-Pfalz bei Kaiserslautern gewohnt hatte. Ich erinnerte mich, dass es da ja eine US-Airbase gibt. Als Deutscher hat man echt gute Chancen, dass Leute an einem interessiert sind, da gefühlt jeder zweite eine Connection zu Deutschland hat. Dr. Lewis machte dann zunächst mit dem Stoff weiter und schrieb quasi alles auf den Folien auch unnötigerweise an die Tafel. Es war ziemlich interessant und ich kann mich erinnern, dass sie bei einem Diagramm oft von Kilometern gesprochen hat. Erst als sie irgendwann einen Wert in Meilen angab, checkte ich, dass die anderen ja fast keine Ahnung davon haben, was der Wert bedeutet. Aber da sieht man es: In der Wissenschaft herrscht gottseidank das metrische System. Auch diesmal gab es aber wieder plötzliche Diskussionen mit unseren Nachbarn über irgendwelche Themen, was mich komplett überforderte. Das ist irgendwie gar nicht mein Stil. Aber ist ja auch nicht so wichtig. Am Ende trugen wir noch unsere Ergebnisse des Assignments zusammen, in dem es ja lediglich darum ging, eine Bewertungstabelle auszufüllen. Viele Studenten sagten irgendwas, was fast alles richtig war, da es natürlich kein richtig oder falsch hier gibt. Ich weiß nicht, irgendwie kommt mir das schon sehr schulisch vor, nochmal darüber zu sprechen, wie man eine gute Diskussion führt oder wie man sich besonders gut einbringt, wie gut man vorbereitet sein muss. Großer Unterschied zwischen Deutschland und den USA. Am Ende gab ich das Assignment ab und huschte dann gleich weiter zu GIS I, wo ich mich wieder in die erste Reihe auf einen der total unbequemen Stühle saß und Scott Kelley dabei zuhörte, wie er über GIS, die Wissenschaft dahinter, ihre Anwendungen und ihre Möglichkeiten sprach. Das Zitat was ich daraus besonders mitnahm ist (übersetzt): "Jede Karte ist falsch. Manche sind hilfreich.". Deutlich machte er das am Beispiel der Ergebnisse der letzten Präsidentschaftswahl. Bricht man alles auf Landkreise runter, sieht die US-Karte fast übermäßig rot aus. Man muss erst die Einwohnerzahlen der Landkreise mit dazu nehmen, um zu sehen, dass es doch nicht so deutlich war. Aber auch diese andere Karte ist nicht richtig, da sie die Realität immer noch abstrahiert. So sieht's aus Leute! Ich bin in dieser Klasse zwar nach wie vor auf der Warteliste, aber ich sprach am Ende nicht mehr mit ihm, da er beim letzten Mal gemeint hat, ich soll ihm eine Mail schreiben. Das hatte ich gestern nicht gemacht und verschob das auf später. Ich musste nämlich gleich schon weiter ins Paul Laxalt Mineral Engineering Building, wo in Zimmer 275 meine letzte Klasse für diese Woche stattfand: "Numerical Modeling of Physical and Chemical Processes in Earth Science and Geological Engineering". Grauenhafter Name, ich weiß. Im Gebäude fühlte ich mich wie in einem Bunker. Ich bin offenbar bei den Geologen und bei den Erdbebenforschern gelandet, die hier ihre Räume hatten. Nach einer erstaunlich langen Suche fand ich das richtige Zimmer und musste die Tür erst mit einem Code, den uns der Dozent vorher per Mail geschickt hatte, öffnen. Ich trat in einen dunklen, leeren Computerraum und setzte mich hin. Nach kurzer Zeit kamen fast alle anderen Studenten auf einmal. Ein bisschen einschüchternd fast, aber eine Studentin namens Sophie sprach mich gleich an, da sie wohl auch verwundert war, ein neues Gesicht zu sehen. Ich erklärte ihr was Sache ist und sie und die anderen Mithörer sagten mir, dass der Dozent echt antspannt ist. Scott McCoy (ja, wieder ein Scott) kam kurz darauf rein und fing die Stunde wirklich ganz locker an. Er sprach über die Formalitäten, aber auch über den Inhalt der Veranstaltung und die Hintergründe, die man entweder haben oder nicht haben sollte. Die Klasse ist quasi eine Programmier-Klasse, in die ich mich fast so ein bisschen als Herausforderung eingeschrieben habe. Aber was schon mal gut ist: Wir benutzen Python und das auch in gewohnter Umgebung. Da bin ich zumindest in den Basics ganz fit. Wir müssen alle zwei Wochen einen Code zu einer Aufgabe abgegeben und neben einer kleinen Code-Prüfung in der Mitte des Semesters, muss man am Ende noch ein Projekt vorstellen, bei dem man irgendwas in Python zu einem Thema aus seiner Forschungsrichtung programmiert hat. Scott (so sollen wir ihn bitte nennen) findet Noten übrigens doof und hält es daher super zwanglos. Er sagte quasi, dass solange er Fortschritte sieht und Interesse am Thema, wir uns keine Sorgen über Noten machen brauchen. Das beruhigt mich schon mal ungemein bei einem Programmier-Kurs. :D Dann ging es an die Vorstellungsrunde. Mich kannte er natürlich noch nicht als einen der wenigen. Ich stellte mich vor, erklärte meinen Hintergrund und meine Motivation für diesen Kurs und wollte dann noch etwas zu vorherigen Projekten sagen, aber mir fehlten ein bisschen die Fachbegriffe, daher gab es ein paar peinliche Pausen. Aber das verstanden alle glaub ich. Da in dieser recht kleinen Klasse (etwa 10 Leute) nur Graduate Students drinsitzen, erzählten danach alle von ihrem Forschungsgebiet, das sie untersuchen. Das ist tatsächlich ein Unterschied. In den USA hat man nach 4 Jahren Undergraduate einen Bachelor-Abschluss. Diesen macht man am College, welches aber oft das gleiche ist wie eine Universität. Danach kann man noch zur Graduate School gehen, um einen Master- oder einen Doktor-Abschluss zu erlangen. Auch das findet meist an der Universität statt (also quasi alles an einem Ort). Durch dieses System ist der Master aber näher am Doktor, als am Bachelor, sodass alles schon gleich zu Beginn viel forschungsorientierter wird. Während man sich in Deutschland erst nach seinem Masterabschluss (oder bei seiner Masterarbeit) auf ein Forschungsgebiet festlegt, macht man das hier gleich zu Beginn und besucht nebenbei noch ein paar Klassen. Man hat sogar einen Betreuer, bei dem man dann forscht. Soweit der kurze Exkurs ins amerikanische Bildungssystem. Dies war also der Grund, warum alle direkt sagen konnten, was ihr Forschungsgebiet ist und ich nicht. Aber das ist nicht schlimm. So bleiben mir mehr Alternativen offen. Und es gibt spannende Themen da draußen! :P Am Ende ging es noch um eine Terminfindung, zu der Scott näher in meine Richtung kam. Nachdem er sich mit anderen Studenten auf eine Zeit mittwochs um 16 Uhr festlegte, wollte ich einwenden, dass ich da nicht kann, da ich da eine andere Klasse habe. Die anderen lachten und sagten, dass sich das auf einen anderen Kurs bezog und somit nur auf ein paar Leute hier. Da hatte ich wohl einmal kurz nicht hingehört. Kurz darauf verließ ich mit einem anderen Studenten die "Coding Cave" wie das dunkle Computerlabor von Scott genannt wurde und freute mich, dass ich zwei Stunden früher aus hatte als geplant. Ich konnte also noch essen gehen mit den anderen. Ich traf mich mit Aurora, Diana, Brooke und Reggy in "The Den", wo es einen leckeren Chili Cheese Hot Dog gab! Das Tischgespräch schwankte hingegen irgendwann zu ekligem Essen um, was ich jetzt nicht weiter ausführen werde. Ich ging im Anschluss mit Diana in die Bibliothek, wo Reggy nach einiger Zeit auch auftauchte und gleich mal ein ganzes Buch ausdruckte. Das kostete 20$! Sie bereute es danach auch etwas, aber sagte, dass sie es lieber noch analog hat. Na gut. Ich versuchte derweil zwei Mails an die beiden Scott's zu formulieren. In der einen ging es um meine Nevada-Mail, zu der ich aber noch einen kurzen Absatz über meinen Background hinzufügen wollte und in der anderen um die Warteliste des GIS-Kurses. Ich hoffe sehr, dass ich da noch reinkomme, sonst wird es nämlich stressig, sich noch schnell was anderes zu suchen. Ich brauchte tatsächlich recht lange für beide Mails, da ich da immer noch recht pingelig bin, was mein Englisch angeht. Irgendwann drückte ich einfach auf Senden, es wurde eh schon spät. Wir mussten nämlich um 16 Uhr zur International Reception des OISS!

Wir trafen Mike, den wir mittlerweile gut kennen, im Aufzug der Joe Crowley Student Union. Wir gingen mit ihm in den gleichen Raum, in dem das Graduate Student Social stattgefunden hat, wo schon verschiedene Tische aufgebaut waren. Es war erfrischend, wieder die bekannten Gesichter der Mitarbeiter des International Office zu sehen. Man verbindet sie irgendwie mit den ersten Tagen, an denen wir hier angekommen sind. Und sie sind ja alle so nett. :) Wir wurden mittels verschiedener Bilder, die uns ausgehändigt wurden, an verschiedene Tische verteilt. Ich bekam den hintesten Tisch, wo bisher nur ein anderer Student saß. Er hieß Shuhei und kam aus Japan, studiert Political Science und ist schon seit dem Fall Semester hier. Kurz darauf kam noch Arko aus Indien dazu. Nach einer kurzen Ansprache der Leiterin des OISS zu Beginn spielten wir eine Runde Kahoot. Wer das nicht kennt, das ist ein Live-Quiz, bei dem alle mit ihrem Handy mitspielen können, die einen bestimmten Code haben. Wir spielten Tisch gegen Tisch und jeder sollte sich einen Namen geben. Da wir viel zu unkreativ waren, entschieden wir uns einfach für "Coolest Table", da wir ja eindeutig der coolste Tisch waren. Kurz vorher kamen noch Rena aus Japan und eine Studentin aus Malaysia dazu. Das Quiz war gespickt mit Wissensfragen aber hauptsächlich auch Fragen über was man als internationaler Student darf und was nicht. Die Spielleiterin Adilia erklärte nach diesen Fragen immer noch was dazu und wirkte wie eine Mutter, die ihren Kindern sagt, was sie alles nicht dürfen. Ich sag es immer wieder: Wie in der Schule. Leider hatte ich eine Frage falsch, nachdem ich eine russisch sprechende Frau als Portugiesin erkannt hatte und auch die letzte Frage hatten wir nochmal falsch. Wir wurden daher 4. von 7. Gewonnen hat der Tisch mit Diana (Name: Mountainsnow) und natürlich bekamen die gewinner Nevada-Shirts. Damit hat sie jetzt glaub ich 4 Stück. Im Anschluss unterhielt ich mich noch ein wenig mit den anderen und aß Süßigkeiten (was die immer alles an Essen und Trinken herankarren ist schon krass). Ein anderer Student aus Nepal kam noch dazu und wir quatschten ein wenig. Bis am Ende ein dicker, älterer Typ an unseren Tisch kam und auf einmal anfing uns zu erzählen, wie man Tsunamis am besten abwenden kann (durch eine riesige Betonmauer die das Wasser bis nach Reno leitet und man kann dann hier Haie sehen) und warum die Erdachse geneigt ist (die Kohlenwasserstoffblase in Kombination mit dem Erdmagnetfeld ist schuld). Da kam es uns gelegen, dass die Veranstaltung vorbei war. Da Diana schon zu einer Klasse gegangen war, vertrieb ich mir mit Reggy und Aurora die Zeit mit Fotos machen vom 4. Stock aus und dem Beobachten von Fraternity- und Sorority-Leuten, die wohl für irgendeine Veranstaltung was aufbauten. Um 18 Uhr entschieden wir uns dann dazu, beim Silent Snowglobe vorbeizuschauen. Das war eine Silent Disco (also keine laute Musik, nur mit Kopfhörern), die gleich vor der Union von ASUN aufgebaut war. Dort trafen wir viele bekannte Gesichter wieder, aber auch neue Gesichter. So lernten wir zum Beispiel Jared aus Las Vegas kennen, der wohl total oft mit internationalen Studenten abhängt. Außerdem wollten vor allem die Mädels länger mit Sarmat aus Russland sprechen, weil sie den irgendwie süß fanden. Ich weiß aber nicht ob er da so richtig Lust drauf hatte. Er war aber trotzdem super nett. Er studiert hier Journalismus, wo er wirklich gut aufgehoben ist. Wir hatten nämlich letzte Woche das Gebäude besichtigt und die ganzen Räumlichkeiten der Journalisten sind schon echt modern und neu! Es waren noch einige andere Leute da, aber ich kann mich nicht mehr an deren Namen erinnern. Ist nicht meine Stärke. :D Wir tanzten ein bisschen rum und tranken heiße Schokolade (gratis natürlich). Nach einiger Zeit wurde dann die Musik des EDM-DJs laut gemacht. Ich fand den Hip Hop-DJ aber besser und so behielten ich und Diana einfach unsere Kopfhörer auf. Es gab nämlich 3 DJs insgesamt und man konnte quasi selber wählen, was man auf seinem Kopfhörer hören will. Am Ende ging ich mit Peter, Joaquin und Jared wieder in die Student Union, wo Reggy und Diana schon kurz vorher hingegangen sind. Wir wollten was essen und das war fast die einzige Möglichkeit aktuell, da die Mensa zwischen 20:30 und 21 Uhr zumacht. Wir bestellten uns daher alle was von Panda Express (bestes Fast Food auf dem Campus!). Irgendwann ging es dann um Sprachen und wir versuchten, alle in unserer Muttersprache miteinander zu kommunizieren. Bei Jared und Joaquin ging das noch einigermaßen, aber beim Rest wurde es schwer (Diana sprach Rumänisch). Jared konnte dazu auch noch viele andere Sprachen flüssig, er konnte also auch ein bisschen was verstehen. Er war sogar schon mal in Dresden, da er jemanden besucht hat, der vorher an unserem Austausch teilgenommen hat. Ist schon irgendwie krass, dass wir alle aus so unterschiedlichen Teilen der Welt kommen und nun hier in Reno alle an einem Tisch sitzen. Danach packten wir es und gingen ohne Jared zur Sierra Hall, wo gerade Polizisten vor dem Gebäude standen. Da Joaquin unbeobachtet seine Zigarette rauchen wollte, ging der Rest noch zu Insomnia Cookies, ein kleiner Keksladen um die Ecke, bei dem man bis 3 Uhr nachts Cookies kaufen kann. Wir wollten das schon immer mal ausprobieren, aber die Preise sind schon echt teuer. Da ich aber Peter noch Geld schulde, kaufte ich uns beiden einen großen Chocolate Chip Cookie für 3.50$. Als mir der Typ an der Theke den Cookie überreichte, sah ich ein Tattoo auf seinem Oberarm. Es war ein Satz auf deutsch und in althochdeutscher Schrift, den ich jetzt mal nicht weiter ausführe. Meine Güte, warum gibt es überall auf der Welt solche Leute? Auch wenn der Keks gut war, überlege ich es mir jetzt zweimal, ob ich nochmal hingehe. Jap, und das war der Tag dann auch schon. Die Abende bestehen für mich ja dann meistens aus Blog schreiben. :)

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